Bolivien

Freiwilligendienst in Südamerika

Erfahrungsbericht aus Bolivien

Nach mehrtägiger Reise langt ich endlich in Potosi an, von wo aus der letzte Streckenabschnitt nur im „Camion“ zu bewältigen ist, also im Lastwagen. Man fährt dabei schlicht und einfach auf der Ladefläche mit, zwischen 30 Einheimischen und vielen Säcken Mehl, Mais, und weiß ich, was alles. Nach siebenstündiger Fahrt traf ich in Tomave, dem Hauptsitz des Pfarrers ein. Hier wurde ich bereits erwartet, denn sicherlich war meine Ankunft, nämlich die eines Europäers, die Nachricht des Tages in diesem abgelegenen bolivianischen Bergdorf.

Pater Braun hieß mich herzlich willkommen und stellte mich einigen Honorationen des Dorfes vor, unter anderem dem Lehrer, welcher in der Hierarchie nach dem Bürgermeister und dem Pfarrer stets die nächste Position einnimmt.
Und so blieb ich also einige Tage in Tomave, bevor ich den Pater auf seine Reise durch ein paar Nachbardörfer begleiten würde.
Man kümmerte sich reizend um mich; ich aß mit dem Pater zu Gast bei der Familie des Lehrers, und schlief im Gästezimmer des Paters.

Tomave ist ein Dorf von etwa 13 Familien, zu welchem des weiteren noch 5 oder 6 andere Familien gehören, die weiter außerhalb im Umkreis einiger Kilometer leben. Die Einheimischen arbeiten viel auf den höchst unergiebigen Feldern. In 4000m Höhe wächst zwar hier mehr als in Europa, aber von blühenden Landschaften kann keine Rede sein. Auch sind immer wieder Einheimische mit dem Bau eigener Gebäude und Einrichtungen beschäftigt, so zum Beispiel im Moment mit der Instandsetzung und Erweiterung der Schule.

Ich durfte mir einen Katechistenkurs ansehen, den der Pater in dieser Zeit abhielt, ein mehrtägiger Kurs, bei dem er 8 seiner Katechisten, darunter auch eine Frau, Religion und verwandte Themen unterrichtete, und die Bedeutung von Bibeltexten besprach.
Unter diesen Katechisten war auch der sogenannte Malku, der mir als Häuptling des hiesigen Indianerbezirkes vorgestellt wurde.

Ich besuchte das Thermalbad des Dorfes, eine Viertelstunde Fußmarsch außerhalb, ein kleines 3 mal 6 Meter Becken, das im Grunde dem ganzen Dorf als Badewanne dient, da es kein warmes Wasser im Dorf gibt, und das natürliche Quellen mit heißem Wasser speisen. Auf Anraten des Paters stieg ich morgens hinein, nachdem über Nacht der fortlaufende Wasserfluss das Becken auf natürliche Weise gereinigt hatte.
Ich besuchte auch die Baustellen der Schule und des Sportplatzes. Man ist gerade dabei, eine große Wand zu errichten, gegen die man ein squaschähnliches Spiel spielt, das sich hier großer Beliebtheit erfreut. Das meiste hier wird aus Adobe, aus Lehmstein gebaut, und die Steine werden von den Einheimischen selber hergestellt. Adobe ist nicht so wetterfest wie Ziegelstein und erheblich schwerer zu verputzen, beschert jedoch den Dorfbewohnern immer wieder Arbeit, da von außerhalb keine Ziegelsteine gekauft werden.

Dann fuhr ich mit dem Pater und seiner rechten Hand Roman, einem seiner Katechisten, in ein Nachbardorf zur Einweihung einer Kapelle. Der Pater hatte das Einweihungsdatum eigens verschoben, um meinen Besuch damit zu bereichern.
Ich wurde Zeuge einer Einweihungszeremonie, welche eine faszinierende Kombination aus alten Brauchtümern des Bergvolkes und normalen, auch uns bekannten katholisch kirchlichen Bräuchen darstellte. Die Farbenfreude des Schmuckes und den Klang von Panflöten und anderen typischen Instrumenten zu beschreiben, dazu müsste ich ein begnadeter Schriftsteller sein, ich verweise hingegen lieber auf die anbei hängenden Fotos.

Ich wurde als „Representante de Alemania“ bezeichnet, und mit der höchsten Ehre empfangen, beinahe dem Pater gleichgesetzt (anfangs waren auch alle sicher, ich sei ebenfalls ein Pater, bis ich sie aufklärte. Von dort an wurde ich dann Don Cristobal genannt, wobei Cristobal die wörtliche Übersetzung meines Vornamens ist.)
Es gab Vorträge von Gedichten und Liedern sowie der bolivianischen Hymne durch einige Grundschüler, Reden der Dorfältesten und wichtiger Leute, eine Prozession mit der heiligen Jungfrau und Patronin der Kapelle, eine Einweihungsmesse, und die Enthüllung der Gründerplakette, welche spontan mir überlassen wurde, was mich zuerst sehr überrascht hat, ich dann aber als große Ehre empfand und mit Freude tat.

Schließlich setzte man sich zum Festmahl, und das heißt eine Suppe und danach ein Teller mit einem Riesenstück Lamafleisch sowie Kartoffeln, Mais, kleinen grauen Knollen, von denen ich bis heute nicht weiß, worum es sich handelte, und Reis. Wieder wurde ich zusammen mit einigen Ehrengästen sowie dem Pater an einen Tisch in die Mitte des Raumes gesetzt, während der Rest des Dorfes sich auf Bänken entlang der Wand einfand. Insgesamt eine ganz wunderbare Erfahrung, die so schnell wieder vorbei war, und so schnell wohl auch nicht wiederkommen wird.
C. Markson