Zeitgeschichte - Monarchistische Eskapaden
Geschichten aus der Geschichte - Mit allen Wassern gewaschen
Die Lendenkraft der französischen Präsidenten, und warum uns die D-Mark abhanden kam
Da kürzlich ein weiterer Spross einer dritten Liaison François Mitterands auftauchte, hier ein paar Zeilten lebendigen Geschichtsunterrichts, denn auch verflossene Politiker beweisen durchaus Charme.
Hier also ein kleiner Exkurs zu einer Persönlichkeit, deren Heldentaten hierzulande nur wenigen bekannt sind, der ganz im Gegenteil eher Achtung genießt, und der geäußert haben soll, er liebe Deutschland so sehr, dass er am liebsten zwei davon hätte. Und so verhielt er sich auch.
Verhinderter Retter der DDR
Als einziger westlicher Staatschef bemühte er sich, die moribunde DDR zu stabilisieren und stemmte sich gegen die deutsche Vereinigung, indem er die Russen dagegen in Stellung zu bringen suchte. Als nichts zu ändern war, presste er Helmut Kohl vermutlich die Verschleuderung der Leuna-Werke an Elf Aquitaine, s. Minol-Leuna-Skandal, sowie das Ende der D-Mark ab, eine Geschiche, die bekanntlich einen Riesenraubzug auf unser Geld, unsere Ersparnisse und unsere Arbeit auslöste.
Schauspieler - immer das passende Kostüm
Hier also einige Schmankerl aus seinem Leben:
Was sein berufliches Fortkommen anbelangte, so zeigte er stets einen außerordentlich guten Riecher. So war er von Mai 1942 an für das Vichy-Regime tätig, sicherte sich für spätere Zeiten aber gleichzeitig durch Kontakt mit de Gaulle ab, denn die kommende deutsche Niederlage war ihm sicherlich klar gewesen. Während seiner Kriegsgefangenschaft 1940/41 in Trutzhain und nahe Rudolstadt hatte er die Verhältnisse in Deutschland hautnah erfahren. Der Zweifrontenkrieg war eröffnet, und wer denken konnte, vermochte sich den Kriegsausgang ausmalen.
Zu Zeiten der IV. Republik gehörte er elf Regierungen als Staatssekretär oder Minister an, immer wusste er sich nützlich zu machen, beharrlich feilte an seiner Karriere.
Die damalige algerische Kolonie verteidigte er als untrennbaren Teil Frankreichs, solange das noch opportun war. Wegen dieser Haltung wollte ihn Michel Rocard nicht in der Sozialistischen Partei sehen, als Mitterand dort anklopfte. Pech für Rocard, dass er später ausgerechnet während der zweiten Amtszeit Mitterands Premierminister sein musste, der ihn zum Intimfeind erkoren hatte.
Kartenkloppen mit Gestapofreund
Fotos im französichen Fernsehen zeigen François Mitterand mit René Bousquet, Polizeichef von Vichy (1), in trauter Tischrunde beim Essen und Kartenspiel zu Hause. Der war häufiger Gast bei Mitterand, ein Freund. Bemerkenswert ist er, weil er dem Führer und dessen Knecht, Heinrich Himmler, ein kleines Geschenk darbrachte. Als Gestapo und SS die französischen Juden der besetzten Zone deportierten, bot Bousquet zu deren Verblüffung an, dass seine Polizei doch auch noch gleich die aus der freien Zone einsammeln könne, was auch geschah.
Wohlgemerkt: Durch französische Polizei, ohne jedweden deutschen Druck. Mitterand ließ den Prozess gegen den Massenmörder nach Kräften in den Neunzigern Jahren verschleppen. Es existiert ein bekanntes Foto von den Geschehnissen aus dieser Zeit, und zwar zeigt es einen französischen Polizisten, von hinten aufgenommen, vermutlich aus dem Sammellager Drancy. Diese Bild durfte in Frankreich nur retouschiert veröffentlicht werden, so dass der Polizist als solcher unkenntlich war. Es gehört zu den bekanntesten Fälschungen von Fotos. Wer kennt es, wer kann es schicken, am besten in beiden Fassungen? (2)
Heldenverehrung und besondere Verdienste
Seine Sypmpathien für ehemalige Gefährten wurden auch an anderer Stelle sichtbar. So pflegte er Marschall Philippe Pétain, Chef der französischen faschistischen Regierung, durch Niederlegung eines Kranzes an dessen Grab seit 1987 alljährlich und in aller Heimlichkeit zu ehren, bis die Sache 1992 ruchbar wurde. Dank für die Auszeichnung 1943 durch Pétain mit dem Francisque-Orden, was er lange Zeit leugnete? Wofür wurde er verliehen? Er drücke eine besondere Wertschätzung Pétains aus, heißt es. Der Kandidat sprach dabei: „Ich schenke meine Person dem Marschall Pétain, so wie er die seinige Frankreich zum Geschenk gemacht hat. Ich verpflichte mich, seinen Befehlen zu folgen und seiner Person und seinem Werk treu zu dienen.“
Zu dieser Ehrung vorgeschlagen hatte ihn Gabriel Jeantet, Mitglied einer rechtsextremen Bewegung, der berüchtigten Cagoule, finanziert durch Industrielle, u.a. von Eugène Schueller (L´Oréal) sowie einem Herrn Renault, der klasse Fahrzeuge baute, u.a. auch für die Wehrmacht.
Pétain war auch zum "Helden" im Ersten Weltkrieg geworden, nämlich durch die berüchtigte Schlacht bei einem ehemals deutschen Städtchen, wie man sagen könnte, Verden an der Maas (3). Die Haltung der politischen Klasse ihm gegenüber war daher nach dem Zweiten Weltkrieg immer zweideutig gewesen, nicht zuletzt auch deswegen, weil er Hitler im Kampf gegen den Kommunismus unterstützt hatte. Den meisten heute ist es nicht bewusst, dass die Bourgoisien vieler europäischer Länder, auch in England und Frankreich, mit dem Faschischmus liebäugelten, weil der gegen den Kommunismus zu Felde zog und so das Eigentum, die Fabriken, des Besitzbürgertums zu schützen versprach. Bloß sagte man das nach Kriegsende nicht mehr so laut. Der Kommunismus war der eigentliche Teufel, denn er entzog dem Kapitalismus lukrative Märkte und Rohstoffe. Im Ersten Weltkrieg unterstützten die Briten daher auch die Weiße Armee gegen die Rote. Erst wegen des Ukrainekrieges tauchten Stimmen des Bedauerns auf, z.B. in England, mit dem Tenor: Oh, hätten wir die Deutschen doch bloß gegen Rußand gewinnen lassen ...
Erst zum Tode verurteilt, wurde der Sieger von Verdun benadigt und starb in Verbannung auf der Ile d´Yeu. Im April 1944 sprach Pétain vor einer riesigen, begeisterten Menge vorm Pariser Rathaus, dito dann de Gaulle nur wenige Monats später. Diesselbe Menschenmenge?
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1.) Der Film "La Grande Rafle" (Die Große Razzia; deut. Titel "Die Kinder von Paris") hat diese Geschehnisse zum Thema, u.a. die Zusammentreibung der Juden durch französischen Polizei in im Vél d´Hiv´ (Vélodrome d´Hiver; Radrennbahn im 15. Arr., heute verschwunden) und Drancy im Norden von Paris. Das Vél d´Hiv´ kam auch in Joseph Loseys "Monsieur Klein" vor, ferner ebenso wie die Cagoule im Dokumentarfilm Mit der SS Hand in Hand, mehrere Teile, gezeigt auf Arte Ende März 2011, von Mitterand kein Wort.
2.) Zuletzt gesehen in Pétain, un héro si populaire.
3.) Da nur noch wenig historisch unterweg sind: Es handelt sich um das französierte "Verdun", fränkischen Ursprungs. Die Ortsbezeichnungen "Werden" (z.B. bei Essen) oder Verden (z.B. Verden a.d. Aller) kommen ja häufig im deutschen Sprachraum vor. Teile Lothringens fielen im 16. Jh. durch Verrat des Protestanten Moritz v. Sachsen, unehelicher Spross August des Starken, an Frankreich, der den Habsburgern eins auswischen wollte. Moritz wurde das legendäre Schloß Chambord an der Loire geschenkt, wo er mit 64 Jahren verstarb. Er wäre besser bei der Geburt gestorben, glauben manche. Später, im 17. Jh. verleibte sich Frankreich dank Mauscheleien des Lothringer Fürsten, dem späteren Franz I. von Habsburg, das Gebiet endgültig ein. Er tauschte Lothringen gegen die Toskana, weil er sonst nicht Maria-Theresia hätte heiraten dürfen. So geht das.