Freiwilligendienst in Kanada
Erfahrungsbericht aus Quebec
Maison Emmanuel ist eine mittelgroße Gemeinschaft in den Wäldern Quebecs, eine Autostunde nördlich von Montreal. Das Leben ist sehr ländlich, durch die Nähe zu Montreal wird aber auch aktiv am großen Kulturleben teilgenommen.
Hier leben 19 behinderte Kinder, Teenager und Erwachsene, aufgeteilt auf vier Häuser und zusammen mit anderen Freiwilligen aus der ganze Welt, d.h. eigentlich fast nur aus Deutschland.
Es gibt eine Farm, einen Garten, eine Holzwerkstatt, eine Weberei sowie eine Töpferei im Nachbarort. Als Freiwilliger arbeitet man im Haus und in den Workshops und nimmt an der Organisation der Gemeinschaft teil.
Ich habe im Erwachsenenhaus gearbeitet und mich um ein bis drei Leute gekümmert. Meine Hauptaufgabe war es, mit einem 29jährigen Eskimo durch den Tag zu gehen, der starker Epileptiker war und durch eine halbseitige Lähmung ein eingeschränktes Aktionsfeld hatte, besser gesagt zu haben schien. Er war ein Gefühlsmensch und daher hoch sensibel für meine Stimmung und mein Befinden. Wenn ich keine Stärke zeigte, fing er an sich daneben zu benehmen. Damit war er ein ständiger Spiegel meines eigenen Zustandes.
Der Eintritt in so eine Gemeinschaft läuft bei den meisten in einem ähnlichen Rhythmus ab und so war es auch bei mir. Zuerst kam die Aufregung des Neuen und die Orientierung. Ich hatte noch mitgebrachte Energie und Lust vieles zu entdecken und stürzte mich in die Arbeit. Ungefähr nach drei Monaten kam dann eine Krise: „Was mache ich hier eigentlich?“, „Halte ich das aus?“ etc. Als Freiwilliger war ich unter einem etwas größeren Druck als viele, die einfach als Freiwillige dort arbeiteten.
Wenn man das übersteht, ist man drinnen. Ich kannte die meisten Leute und Abläufe und hatte irgendwie einen Platz gefunden. Mir ging an irgendeinem Punkt dann der immer gleiche Tagesablauf auf die Nerven, obwohl ich wusste, wie wichtig gerade das für viele Betreute war. Das hat sich bei mir auch bis zum Ende meiner Dienstzeit kaum geändert.
Die eigentliche Arbeit, war, sich seiner Situation bewusst zu sein und diese zu beherrschen. Das hat mich oft ziemlich viel Kraft gekostet und war an der Grenze dessen, was mir möglich ist. Jedenfalls wenn die Situation zu groß oder komplex wurde.
Ich habe dann auch angefangen, eine andere Art geistige Beschäftigung zu vermissen. Zum Beispiel über ein nicht direkt lebenspraktisches Problem nachzudenken, zu philosophieren oder mich darüber mit jemandem auszutauschen. Die praktischen Probleme nahmen oft einfach zu viel Platz ein, obwohl ich durch dies auch viel gelernt habe. Das Gleichgewicht war oft einfach nicht möglich.
Ein anderer Energiefresser war die soziale Situation, die Stimmung zwischen bzw. mit den anderen Freiwilligen. Man lebt mit Menschen zusammen, die man sich nicht aussuchen kann, von denen man aber auf irgendeine Art abhängt. Mitten im Wald, ein ganzes Stück entfernt von anderen Menschen, leben 20 junge Leute eng zusammen. Tratsch und Stimmungsmache können da hochexplosiv sein.
Die Arbeit mit den Betreuten war oft gar nicht das Anstrengendste.
Zwei Monate vor Ende meiner Zeit kam mein Nachfolger. Dadurch hatte ich dann etwas mehr Spielraum, meinen Tag einzuteilen. Ohne weniger zu tun, aber eben selbstbestimmter habe ich damit eine herausragend großartige Zeit gehabt. Dadurch stimmte auch das Gleichgewicht für das gesamte Jahr wieder.
Johannes
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