Kampflied

Französische Menschenrechtsarmee

Schülerbegegnung im Elsass

Teil II. Hier geht´s zu Teil I, Hartmannsweilerkopf und hier zu Teil III. Menschenfresser

Anlässlich der Feiern 2014 zur Landung der französischen Truppen in der Provence rühmte Hollande seine einzigartige Armee, eine Armee der "Freiheit" und der "universellen Menschenrechte", in der Soldaten aus Brest Seite an Seite mit Soldaten aus Bamako 1). gekämpft hätten: "Dem Süden, ja dem Süden verdankt Europa seine Rettung, was wir niemals vergessen dürfen." Und er beschwört die Bindung: "Durch ihr Opfer haben diese Männer zwischen uns und Afrika ein Blutsband geschaffen, das nie geschwächt werden darf."
Ja, hat er etwa Befürchtungen über einen Abriss dieser Bande angesichts des Verkehrs auf dem Mittelmeer, auch Folge der europäischen und damit auch der französischen Kolonialpolitik? Man sehe sich mal dieses Kunstgebilde "Mali" auf der Karte an, wo das Regiment doch kürzlich eingesetzt gewesen war. Schnurgrade Grenzen, quer durch Sippen, Ethnien, Religionen, Kultur und Traditionen, mit einem Flaschenhals in der Mitte. Ganz Westafrika sieht so aus, und nicht nur das 2). 

Großflächige Missionen

Zu Ende der Propagandaschau auf dem Militärgelände erklärt der Regimentskommandeur laut Zeitungsbericht: "Unsere Mission ist es, Frieden zu schaffen, und das auf einer größtmöglichen Fläche in dieser Welt", während ein anderer Berufsoffizier von der "Pflicht, an unsere Vorfahren zu erinnern", spricht. Ja, aber wer waren wessen Vorfahren? Sollten etwa die der elsässischen Schüler gemeint sein? Waren die nicht Deutsche? Oder die des Offiziers, der einen polnischen Namen trägt?
Der Witz bei der Geschichte ist ja, dass fast alle Vorfahren, vermutlich die Urgroßväter der französischen Schüler, als deutsche Soldaten in der kaiserlichen Armee gekämpft haben dürften, denn das Elsass fiel erst 1918 wieder an Frankreich, ein großer Schock für die meisten Deutschen in der Weimarer Republik und sicherlich auch für viele Elsässer, die das als Amputation empfanden. Die Schüler heißen zwar Jean, Luc, Pierre, Claire und Sophie, aber ihre Nachnahmen lauten Hartmann, Wolf oder Meyer.
Auch beim Wort "Mission" gilt es immer aufzumerken, denn die scheint stets anonym vom Himmel zu fallen, statt konkrete Auftraggeber zu haben. Man kann gar nichts dazu, denn letzlich hat immer der Herr oder irgendwelche unbekannen Mächte die "Missionare" geschickt. Machmal gehen die Missionen auch gründlich daneben, s. das berüchtigte "Mission accomplished" Banner auf dem Flugzeugräger Abraham Lincoln mit George W. Bush.
Zu Ende laden die Nachfolger der kolonialen Schießtruppe zu einem Rundgang durchs Waffenarsenal, wogegen sich manche deutsche Schüler sträuben.

Revolutionärer Kriegsgesang

Schließlich folgt dann das eigentliche Ziel, der Berg, im Sauseschrift, die Besichtigung der Laufgräben, die vielen Kreuze für die "Gefallenen" usw.
Dann Aufstellung, Signal von einem Fanfarenbläser, und das Absingen der Nationalhymnen vor dem goldglänzenden "Altar der Nation". Nationales Pathos, das den deutschen Schülern eher spanisch vorkommt, denn das Deutschlandlied kennen sie höchstens von Fußballspielen, während die Marsaillaise den elsässischen Schülern glatt von den Lippen geht. Ein Kriegslied! Somit wieder ein ziemlich markanter Unterschied zwischen Deutschen und Franzosen. Nachfolgend ein Auszug, wie bei Wiki zu finden. Wer könnte diesen Quatsch bei uns singen? Dazu sagt die Zeitung allerdings nichts.
...
Das blutige Banner ist erhoben.
Hört ihr auf den Feldern
Diese wilden Soldaten brüllen?
Sie kommen bis in eure Arme,
Um euren Söhnen, euren Gefährtinnen, die Kehlen durchzuschneiden.
...
Unreines Blut
Tränke unsere Furchen!  usw. usw.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - aber um Himmelswillen nicht für alle

Die Sache mit den hehren Werten der Französischen Revolution, "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", war nicht so einfach. Im Jahr 1789 stand die Nationalversammlung vor einem Dilemma, denn die Sklaven waren erstmal ausgenommen. An die hatte niemand gedacht. Das war nicht vorgesehen gewesen. Der fromme Brauch wurde erst 1794 formell abgeschafft, aber es handelte sich um ein reines Bekenntnis ohne nachfolgende Taten. Das Dekret vom 4.2.1794 sah gewisse Ausführungsbestimmungen bei der Entlassung der Sklaven vor, die aber nie erlassen wurden. Im Jahr 1802 setzte Napoleon die Sklaverei formell wieder ein, weil seine Frau Josephine aus einer Pflanzerfamilie auf den Antillen stammte. Der französische Sklavenhandel kam erst 1848 durch Betreiben des Elsässers Victor Schoelcher aus Fessenheim (bekannt d. das älteste franz. AKW), zum vollständigen Erliegen, neun Jahre, bevor die Franzosen begonnnen hatten, ihre senegalesischen Schießsklaven (die sie den Afrikanern vielleicht auch noch verhökert hatten?) auf- bzw. zurückzukaufen.

Geschichtslos

Da man den Elsässern ihre Muttersprache als identitätsstiftendes, kulturelles Vehikel genommen hat, ist auch weitgehend ihre Geschichte und Kultur erledigt. Sie können noch nicht mal mehr die Inschriften auf den Grabsteinen ihrer Großeltern lesen. Dank entsprechender Schulbücher usw. ist "ihre" Geschichte die französische geworden. Frankreich hat die "Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen" nicht ratifiziert. Elsässische Schüler lernen Deutsch als Fremd- und nicht als Muttersprache, wenn überhaupt. Und so singen sie ein Kampflied der Eroberer. So kann man es wohl sehen. Alles ein Tabu; niemand würde das Thema auf deutscher Seite aufgreifen. Lieber würde man sich dem Schutz der letzten Eingeborenen im Regenwald verschreiben ...
Im November 2014 beschloss der französische Senat im Zuge einer Verwaltungsreform das Ende der bislang eigenständigen Region und warf das Elsass mit Lothringen, das im 16. Jh. an Frankreich gefallen war, und der französischsprachigen Champagne-Ardenne in einen Topf.
»Sie brauchten sieben Minuten, um das Elsass von der Karte zu streichen und um uns zu demütigen«, erklärte ein verbitteter Charles Buttner, Präsident des Conseil Général du Haut-Rhin in Mülhausen, und der Bürgermeister von Altkirch, Jean-Luc Reitzer, tönte: »Mariage forcé, divorce assuré«. Der Zwangsheirat werde mit Sicherheit die Scheidung folgen. Soso ..., aber immerhin hübsch gereimt.

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1.) Hauptstadt Malis
2.) Die Tuareg, muslimische Berber im wüstenhafen Norden, deren Gebiet einst durch die Kolonialmächte völlig verschnitten wurde und sich in Algerien, Libyen, Niger und Burkina-Faso  befinden, fordern einen eigenen Staat, Asawad, die Schwarzen im feuchten Süden, teils noch animistisch, haben eine ganz andere Wirtschaftsweise, Kultur und Lebensart. Der Westen, auch die BRD, will ein unabhängiges Asawad wegen islamistischer Bewegungen verhindern.

Lesetipp: Maryse Condé: Segu. Eine eindruckvolle Schilderung des Lebens im damaligen Königreich Segu und das Vorrücken des Islams.

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