Jugendliche international
Pfadfinder - weltweite Freiwilligendienste
Friedenspolitik und Entwicklungspolitik
Pfadfinder sein, das bedeutet mehr als Vorurteile uns weismachen wollen. Neben den bekannten Gruppenaktivitäten (Wandern, Klettern, Campieren, Abenteuer erleben ...) bestehen auch Angebote zu Freiwilligendiensten überall in Europa, beispielsweise in Naturschutzgebieten, Burgen etc.
Aufgabenfelder sind z.B. die Betreuung der Gäste, die Beaufsichtigung von Reinigungsarbeiten in Naturschutzparks, die Arbeit im Laden oder an der Besucherinformation, Bastelarbeiten sowie die Mitarbeit in einer nahegelegenen SOS-Dorfgemeinschaft.
Von Waldexkursionen über Wasseruntersuchungen bis hin zu mehrtägigen Hajks oder Kanutouren besteht ein breitgefächertes Angebot. Weiter auf dem Programm stehen gemeinsames Singen, ein Kinobesuch oder der Stammtisch, Engagement an der Hochschule - so z.B. ein gemeinsamer Protest gegen Studiengebühren - Begegnungen im Inland und Ausland, der aktive Einsatz für Kinderrechte, Spiele, Basteln, Diskussionsrunden, Aktionen und vieles mehr.
Als Beispiel für internationalen Austausch werden Treffen mit Jugendlichen aus dem Balkan veranstaltet. Pfadfinder helfen den Kriegsopfern durch ihre großen Stärken: Aktionen mit Kindern und Jugendlichen. Die Kinder aus dem Balkan werden zu Fahrten und Lagern eingeladen, wo sie durch die pfadfinderische Aktivitäten neue Kontakte knüpfen und ihre Vergangenheit ein Stück besser verarbeiten. Dies bedeutet eine lebendige Friedenserziehung schon in jungen Jahren, und einen großeen Beitrag zur Friedenspolitik und Entwicklungspolitik
All das macht Pfadfinder auch heute noch zu einer der beliebtesten Jugendorganisationen der Welt.
Pfadfinder existieren seit rund hundert Jahren. Pfadfinden ist die größte nichtstaatliche Jugendorganisation der Welt. Über 34 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus 155 Ländern gehören dieser weltweiten Gemeinschaft an.
Die Geburtstunde schlug vor knapp hundert Jahren: Der britische Offizier Robert Baden-Powell (1857-1941) lud 22 Jungen aus allen sozialen Schichten zu einem Zeltlager auf Brownsea Island (Kanalinseln) in. Er hatte während seiner Dienstzeit in Südafrika Jungen als Kundschafter ("scouts") eingesetzt und dabei die Erfahrung gemacht, dass Jugendliche – im Gegensatz zur damals üblichen gesellschaftlichen Auffassung – durchaus in der Lage sind, Aufgaben verantwortungsvoll auszuführen. Das Camp auf Brownsea Island bestätigte seine Erfahrung.
Baden-Powell veröffentlichte seine Erkenntnisse in dem Buch „Scouting for boys" (1908). Dieses Buch wurde in kürzester Zeit zu einem Bestseller bei Jungen und bei Mädchen. Jugendliche auf der ganzen Welt gründeten Gruppen, die sich an diesem Buch orientierten. 1909 gründeten sich die ersten Pfadfinderinnengruppen. 1922 wurde die „World Organization of the Scout Movement“ (WOSM) gegründet und 1928 folgte die World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS).
Lernen mit allen Sinnen – Erlebnisse werden wertvolle Erfahrungen
Was ist das Besondere? Vieles, was auf den ersten Blick vielleicht nicht zusammenpasst, trifft sich beim Pfadfinden: Erlebnis und Abenteuer, gleichzeitig das Erlernen von Verantwortung, Teamgeist und Respekt vor dem Einzelnen, das Gefühl von Freiheit und gleichzeitig Sicherheit in der kleinen Gruppe, Selbstbewusstsein und gleichzeitig das Lernen von Toleranz.
Zu den Grundsätzen von Pfadfinden gehören: „Look at the child!“ (Schau auf das Kind!), "Learning by doing" (Lernen durch Tun), "Führung im Dialog" und das Prinzip der "kleinen Gruppe". Pfadfinderinnen und Pfadfinder denken und handeln eigenständig, gehen auf Fahrt und Lager und treffen sich bei vielen internationalen Begegnungen.
In der kleinen Gruppe lernen Kinder, ihre Wünsche argumentativ zu vertreten, aber auch Kompromisse einzugehen. Die Abenteuerpädagogik, in den achtziger Jahren erfolgreich umgesetzt wird, ist beim Pfadfinden Methode und Praxis von Anfang an. Das Überwinden eigener Ängste und Grenzen macht Kinder und Jugendliche stark und gibt Selbstvertrauen. Wenn etwas nicht klappt, probiert man es noch mal, ohne Angst vor Niederlagen oder Spott.
Was mich als Quereinsteigerin immer wieder beeindruckt, ist der (meistens) geduldige und herzliche Umgang der jungen Gruppenleitungen mit den ihnen anvertrauten Kindern. Auf einem Großlager beobachtete ich einen ca. zwölfjährigen Jungen, der Jonglieren übte. Als die Keulen das x-te Mal auf den Boden fielen, wollte er enttäuscht aufgeben. Der Gruppenleiter, vielleicht 17 oder 18 Jahre alt, hob die Keulen auf, drückte sie ihm in die Hand und meinte freundlich: "Probier’s einfach noch mal. Das wird schon!" Hätte der Junge Zuspruch von den Eltern akzeptiert? Oder hätte ein großer Bruder soviel Geduld gehabt? Die Gruppenleitungen werden von den Kindern geschätzt und auch als Autoritätspersonen akzeptiert.
Pfadfinden in Deutschland
In Deutschland hat Pfadfinden durch Reformbewegungen (in erster Linie die Jugendbewegung und der Wandervogel) eine eigene Prägung erfahren.
1909 kommt die Bewegung nach Deutschland: Der Stabsarzt Dr. Alexander Lion übersetzt "scout" und führt so den Begriff "Pfadfinder" ein. Die Jugendbewegung hat schnell großen Zulauf. Unter den Nationalsozialisten werden die Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände verboten – doch die Bewegung lebt im Untergrund weiter und blüht nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder auf.
In Deutschland gibt es vier Verbände, die von der Weltebene anerkannt sind. Diese vier Verbände, zu denen auch der Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) gehört, haben sich zum Ring deutscher Pfadfinderverbände (RdP) und zum Ring Deutscher Pfadfinderinnenverbände (RDP) zusammengeschlossen.
Der Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) ist ein Zusammenschluss von evangelischen Mädchen und Jungen, selbstverständlich, aber natürlich offen für anders- bzw. nicht gebundene Jugendliche. Das Evangelium gibt Orientierungshilfe. Respekt vor der Schöpfung setzen Pfadfinderinnen und Pfadfinder im Umwelt – und Naturschutz um. Für viele VCPerinnen und VCPer sind Andachten selbstverständlich und wichtig, aber niemand wird gezwungen. Die meisten VCP-Gruppen sind fest in Kirchengemeinden verankert – sie helfen bei Gemeindefesten und dürfen dafür die Räumlichkeiten nutzen.
Über 47.000 Kinder und Jugendliche gehören deutschlandweit dem VCP an; über 5.000 junge Menschen und Erwachsene engagieren sich als ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Gruppenarbeit – und die jungen Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter - berücksichtigt die unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Altersstufen:
- Kinderstufe: 7-10 Jahre: hier wird viel gebastelt, gespielt und musiziert.
- Pfadfinderinnen- und Pfadfinderstufe: 11-15 Jahre: hier werden die Spielräume größer, die Pfadis gehen auf kürzere Fahrten und nehmen an Lagern im eigenen Land teil
- Ranger/Rover-Stufe: ab 16 Jahre. In diesem Alter übernehmen die Jugendlichen schon Aufgaben und Verantwortung auf unterschiedlichen Ebenen. Sie unternehmen Auslandsfahrten , laden ihre ausländischen Partnergruppen eingeladen und besuchen sie auch.
- Für erwachsene Pfadfinderinnen und Pfadfinder gibt es unterschiedliche Aufgaben im Verband. Meistens unterstützen sie die Arbeit im Hintergrund oder übernehmen Funktionärstätigkeiten.
Der VCP ist Mitglied im Ring deutscher Pfadfinderverbände (RdP) und im Ring Deutscher Pfadfinderinnenverbände (RDP) – und somit anerkanntes Mitglied in den beiden Weltorganisationen: WOSM und WAGGGS.
Was ist ein "Jamboree"? Die Welt auf einem Platz!
Das Wort "Jamboree" wurde vom Gründer Baden-Powell geprägt. Er kommt aus dem Indianischen und bedeutet so viel wie "friedliche Zusammenkunft der Stämme".
Wenn deutsche Pfadfinderinnen und Pfadfinder vom Jamboree reden, meinen sie meist das "World Scout Jamboree". Dieses weltweite Treffen findet alle vier Jahre statt und wird von der "World Organization of the Scout Movement" (WOSM) organisiert. Die Teilnehmer müssen zum Zeitpunkt des World Scout Jamboree zwischen 14 und 17 Jahre alt sein. Der Ring deutscher Pfadfinderverbände(RdP), zu dem auch der Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) gehört, ist ein von WOSM anerkannter Mitgliedsverband und nimmt stets mit einem großen Kontingent an den Jamborees teil.
Jamboree – das heißt auch: Ein intensives Erlebnis wird zu einer wertvollen Erfahrung. Fast alle Pfadfinderinnen und Pfadfinder, die an einem Jamboree teilnahmen, sind stark beeindruckt. Viele beschreiben die Teilnahme an einem Jamboree als Höhepunkt ihres „Pfadilebens“. Zehn Tage lang mit jungen Menschen aus aller Welt zusammenzuleben, zu arbeiten, zu feiern, Sprachhürden mit Händen und Füßen zu überwinden, Gemeinsamkeiten zu entdecken und Fremdes als Bereicherung zu erfahren, ist sicher anstrengend, aber auch faszinierend.
Frieden wird durch Völkerfreundschaft geschaffen, dies war eine Absicht von Baden-Powell. Er war überzeugt davon, dass die Erfahrung, Menschen aus anderen Ländern als Freunde zu gewinnen, den Willen zum Frieden stärken würde.
Das erste World Scout Jamboree fand im August 1920 in London (England) statt: Robert Baden-Powell (1857-1941), der Gründer der Pfadfinderbewegung, begrüßte 8000 Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus 27 Ländern. Seitdem wird alle vier Jahre in einem anderen Land zum Jamboree eingeladen. Unlängst fand das Jamboree in Thailand mit 24.000 Teilnehmern statt. Beim 21st World Scout Jamboree 2007 in England, dem Jubiläum zum 100. Geburtstag, wurden 50.000 Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus aller Welt gezählt. Das Motto dieses Jamborees lautete "One World One Promise" ("Eine Welt ein Versprechen").
Alle Pfadfinderinnen und Pfadfinder auf dem Jamboree und auf der ganzen Welt sind aufgefordert, am 1. August bei Sonnenaufgang ihr "Versprechen" zu erneuern. Der Gründer Baden-Powell hat drei Grundsätze für Pfadfinderinnen und Pfadfinder festgelegt: Die Verpflichtung gegenüber Gott, die Verpflichtung gegenüber dem Nächsten und die Verpflichtung gegenüber sich selbst. Dies ist ein Inhalt des "Versprechens", dass Pfadfinderinnen und Pfadfinder – natürlich in unterschiedlichem Wortlaut –auf der ganzen Welt geben.
Diane Tempel-Bornett, Kassel