Kolonialismus

Kolonialismus

Ideologische Absicherung

Hintergründe, Christentum, Wissenschaften

Australien kein leerer Kontinent

Alle Kolonialmächte entwickelten bestimmte Vorstellungen und Ideologien zur Verteidigung ihres Vorgehens. Es war immer dasselbe und begann gleich drumherum, noch bevor andere Erdteile erobert wurden: die Rasse (Neudeutsch verschämt eher "Ethnie"; das Grundgesetz kennt diesen Begriff nicht), das "Blut" ("el sangre" in Spanien!), war das Hauptkriterium, verbunden mit einer angeblich höheren Kultur sowie der Sprache als Vehikel derselben, die man den Kolonisierten gleich überstülpte.
Die Sprachen der Eroberten rottete man am liebsten aus. Erstmal ausgelöscht, gab es weder Geschichte, noch Bewusstsein, noch Identität. Die Namen der eroberten Städte wurden der Sprache der Besiegten angeglichen, verballhornt oder ganz umgetauft. Aus Derry wurde Londonderry, aus Kattenhofen Cattenom, aus Rijssel wurde Lille. Auch die Australier betrieben das bis in die Vierziger Jahre.
Die Besiegten erfuhren Geschichte durch Vermittlung der Sieger als ihre eigene, übernahmen alle Ideologien. Die Sieger ließen die tonangebenden Schichten von der Besatzung profitieren, korrumpierten, bestachen sie, zogen sie auf ihre Seite, gaben ihnen Posten, verliehen ihnen Priviliegien und nutzen die Quislinge zur Unterdrückung der beherrschten Völker. Allmählich identifizierten sich die Eroberten mit ihren Aggressoren, gingen in deren Gesellschaft unsichtbar auf, sofern die Hautfarbe dieselbe war. Herrschaftsausübung war nun ein leichtes Spiel für die Kolonisatoren.

So geschehen beispielsweise durch England, betreffs Wales und Schottland - das (Zwangs-)Vereinigte Königreich eben. Bezüglich Schottlands stimmt´s nur formal nicht, weil das schottische Parlament einer Vereinigung schließlich im 18. Jh. zustimmte. Dies nachdem die Engländer sie aber jahrhundertelang beharkt, bei Culloden kurz zuvor vernichtend geschlagen hatten und die schottische Bourgoisie ihr Heil in den englischen Kolonien sah, insbesondere in Amerika (Tobacco Lairds oder Lords, Schiffsbau usw.).
Die Rache der Schotten kommt spät - vielleicht, denn der triumphal wiedergewählte Alex Salmond, Ministerpräsident und Mitglied der Nationalpartei SNP, werkelt an der Teilung des zwangsvereinigten Königreichs unter dem Wahlspruch "Schottland - los geht´s" (Scotland, it´s starting). Ein Volksentscheid mit dem Ziel der Selbstbestimmung, ähnlich wie in Katalonien bzw. eine völlige Loslösung von England und Wales sowie die Mitgliedschaft als 28. EU-Land, stünden bei Erfolg an.
In Irland funktionierte die Geschichte aus diversen Gründen nur halbwegs. Die Sprache ist zwar weg, Reste davon werden künstlich aufgepäppelt, aber im Grunde ist sie Folklore und kaum lebensfähig.
Die Spanier kolonisierten in ähnlicher Art Galizien, das Baskenland und Katalonien. Noch unter Franco war das Katalanische selbst auf der Straße verboten.
Die Deutschen betrieben mit dem Deutschen Ritterorden die Kolonisation im Osten, verfuhren aber doch anders, weil sie mehr oder minder geschlossene Siedlungen in slawischen Gebieten gründeten.

Warum uns die fernen Eingeboren lieber sind als die nahen

Allein was Kontinentalfrankreich betrifft, so sind´s acht Völker, acht Sprachen, wenn man die Langue d´Oc sowie die Provence dazunimmt. Man zähle doch mal ... Überseegebiete also nicht gerechnet. Noch in den Siebziger Jahren flogen in der Bretagne Strommasten in die Luft, auf Korsika herrscht immer noch nicht Ruhe, und junge Elsässer können noch nicht mal mehr die Grabsteine ihrer Großeltern lesen, womit der jahrhundertealte Traum der (Inner-)Franzosen vom Rhein als Grenze - und natürlich als Sprachgrenze - innerhalb von zwei, drei Generationen seit Kriegsende erfüllt ist. Die Pfaffen waren wie immer dabei, immer das Fähnlein im Winde: Während der "Löwe von Münster", Bischof Clemens August Graf von Galen, beim Angriff der Luftwaffe auf Warschau, als es nur so Bomben hagelte, Fürbittegottesdienste für die deutschen Soldaten - die Angreifer also, nicht die Opfer - halten und die Glocken läuten ließ, verweigerten die Priester nach Kriegsende im Elsass das Abhalten der Messe auf Deutsch. Ein- und derselbe Verein, Konzernzentrale in Rom! Nachzulesen bei Karlheinz Deschner.
Die baden-württembergischen Kultusbehörden bewarben den Französichunterricht mit dem Slogan: "Die Sprache des Nachbarn lernen". Ja, schön, aber welche ist das?
Wer Deutsch lernt, seine Mutter-Sprache, bekommt sie als Fremdsprache vorgesetzt, von wenigen Schulen abgesehen. Wohlweislich hat Frankreich nie die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen unterzeichnet. Dieses heiße Eisen fasst natürlich niemand an; kein Politiker, hüben oder drüben, würde das Thema aufgreifen, denn es gäbe nichts zu gewinnen, nur alles zu verlieren.
In Frankreich würde ihm gleich Pangermanismus vorgeworfen werden, in Deutschland Nähe zur Rechten. So kommt es denn, dass wir uns lieber für den Schutz der Aborigines bzw. dem der Indianer im Regenwald einsetzen ... Das ist ungefährlich.

Herrschen per Weihwedel und Gewehren

Als überaus nützlich erwies sich stets das Christentum, das stets mit den Herrschenden paktierte, unterstützte es doch das Sendungsbewusstsein, sicherte es ideologisch ab und zerstörte die einheimische Identität. Eingeborenenkinder, die den Missionsschulen überantwortet worden waren, hatten nichts mehr mit Aborigineskindern zu tun, welche diese Schulen nicht durchlaufen hatten. Kolonialismus hat immer eine aggressive, menschenverachtende und die ganze Gesellschaft durchseuchende Komponente, denn als Kulturbringer zählt man ja zu den Guten, den Zivilisierten, während die Empfänger all der milden Gaben, Hilfen und Zuwendungen - nun - eben anders, minderwertig, sind. Und die ließen sich auch gleich an der Hautfarbe erkennen. Das Christentum brach das Bewusstsein, den Widerstand, hieß die andere Backe hinzuhalten, wenn man doch schon etwas auf die erste bekommen hatte. Eine völlig weltfremde und offensichtliche Idiotie, die jedem Vater schwer zu denken gäbe, würde er das bei seinem Knaben beobachten.
Wie auch immer: Das senkte die Ausgaben für direkte Unterdrückung enorm. Sind Gebote und Verbote, insbesondere das Verbot der Auflehnung gegen die Besatzer, erstmal im Kopf verankert, ist die Kultur und Sichtweise der Eroberer - ursprünglich Fremdkörper - verinnerlicht und somit Teil der eigenen Persönlichkeit geworden, so senkt das die Kosten für Polizei und Miltär massiv. Dennoch war das Kolonialgeschäft ein schlechtes, wie Franz Ansprenger in Die Auflösung der Kolonialreiche nachwies, denn die Kosten für die Unterdrückung überstiegen regelmäßig die Profite aus dem Kolonialgeschäft.
Gert von Pascensky
, Gründer der Sendung "Panorama", zitiert in seinem 1994 erschienen Buch Teurer Segen - christliche Mission und Kolonialismus. Was im Namen Christi verbrochen wurde, einen Missionar so:
"Der Beitrag der Mission zur politischen Angliederung der Kolonialvölker ans Mutterland besteht darin, dass sie die Unterworfenen mit ihrer neuen Herrin Germania auszusöhnen sucht. Sie prägt ihren Zöglingen das alte christliche Untertanengebot ein: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat." Das ist auch beste luthersche Manier.

Die Urbevölkerung, das waren die "Wilden", die Unzivilisierten, arme Primitive, denen Kultur, Arbeit , Ordnung, Disziplin, wirtschaftliche Blüte und persönliches Glück, hier Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit sowie - nicht zu vergessen - der christliche Gott geschenkt wurde. Ihr Land war menschenleer oder fast menschenleer - Australien wurde von seinen Entdeckern so bezeichnet, tatsächlich war es in 250 Gebiete aufgeteil, in denen jeweils ein anderes Volk lebte - und harrte nur darauf, per Pflug und Viehherden in Wert gesetzt und erlöst zu werden - alles andere wäre ja fast Sünde gewesen.
"Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!", Matthäus 28:19. Amen. So sehen fromme Christen das. Was sie i.d.R nicht kennen - und was natürlich auch tabu ist - ist ein ausgesprochener Mordaufruf ihres Juniorchefs, nachzulesen bei Lukas 19,27:
"Doch meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde - bringt sie her und macht sie vor meinen Augen nieder!" 

Das war also 600 Jahre vor dem Koran, in dem es ähnlich zugeht: „Und tötet sie, (die Ungläubigen) wo immer ihr sie trefft, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben. ... “ Sure 2, Vers 191

Durch Ausbeutung ihrer Bodenschätze und natürlichen Reichtümer, im Plantagenbetrieb lernten die rückständigen und unterentwickelten "Heiden" zu arbeiten und erhielten die Chance, sich dadurch erstmal zu bewähren und zu richtigen Menschen aufzuschwingen. Untermauert wurde der koloniale Anspruch durch diverse Wissenschaften, insbesondere die Anthropologie, die Medizin und verwandte Disziplinen wie die Anatomie, die fleißig Schädel vermaßen, um anhand eines größeren Hirnvolumens die Überlegenheit der Kolonisatoren und die „rassische Minderwertigkeit" der Kolonialvölkter nachweisen wollten.
Insbesondere die Anthropologie gründete sich auf Rassenforschung. Bewiesen werden sollte die Überlegenheit der Weißen gegenüber anderen Menschen.
Das einzig probate Mittel hieß Reihenuntersuchungen. Der Vergleich von Skeletten von Afrikanern und Aborigines mit denen von Europäern sollte die erwünschten Ergebnisse liefern und die Vorherrschaft der Weißen legitimieren.

Die späte deutsche Einigung 1870/71 bewahrte Deutschland vor dem Erwerb großer Kolonialgebiete, denn Briten und Franzosen hatten die Welt unter sich aufgeteilt. Der Erste Weltkrieg setzte dem Kolonialbesitz ein Ende, so dass die deutsche Geschichte fortan relativ unbelastet war, was herkömmliche Kolonien und spätere Befreiungskämpfe betraf.

A propos "Regenwald": Bis in die neueste Geschichte werden Völker Opfer karrierelüsterner Anthropologen u.a. "Forscher", s. das Beispiel der Yanomami. Missbrauch, Forschung für die amerikanische Atomic Energy Behörde, Infizierung mit Krankheiten, sowie Homosexualität und Pädophilie - alles eingeschleppt von Forschern, u.a. involviert Claude Levi-Strauss, Begründer des ethnologischen Strukturalismus und früher Vertreter einer Ethnosoziologie und eine Ikone in Frankreich, der seinen Ziehsohn Jacques Lizot in den Urwald schickte und ihm indirekt ganze Dörfer an kleinen Jungs auslieferte. Siehe Die Yanomami - Mißbrauch im Urwald, Ende Sep. 2011 auf Arte gezeigt und vermutlich bald auf YouTube. Levi-Strauss wurde einem größeren Publikum hierzulande durch sein Buch "Traurige Tropen" bekannt.

Fortsetzung, 1462

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