Frankreichratgeber – Tagelöhner und Herumtreiber!
Auszüge aus dem Buch "Lust auf Frankreich"
Von Tagelöhnern, Herumtreibern oder gestrandeten Deutschen, die "wie Gott in Frankreich" leben wollten, aber meist keinen Fuß auf den Boden bekommen haben. Hier das Tagebuch eines deutschen "Herumtreibers" in Frankreich (entstanden aus einer Zusammenfassung von Einzelgesprächen eines deutschen Landstreichers in Frankreich mit Autor Michael Kuss):
Ich heiße Albrecht und komme eigentlich aus Berlin. Alle nennen mich Aldi, sogar die Franzosen. Bei denen lebe ich jetzt schon zwei Jahre. Meistens auf der Straße oder in Abbruchhäusern. Manchmal auch im Hotel. Je nach dem, wie´s mit der Kohle läuft. Und die Kohle ist vom Wetter und den Arbeitsmöglichkeiten abhängig. Um das gleich vorwegzunehmen: Betteln ist auch Arbeit! Harte Arbeit sogar. Aber, ehrlich, da hab´ ich nur in äußersten Notfällen drauf zurückgegriffen, aufs Betteln, Ehrenwort! Aber manchmal war´s eben notwendig. Genauso wie´s Stehlen. Natürlich nur Mundraub, ehrlich! Ich setze mich doch nicht absichtlich in nen französischen Knast. Das ist die Hölle, sag ich euch! Die Hölle! Dann lieber betteln gehen oder arbeiten. Nur: Arbeit gibt´s ja auch in Frankreich nicht soviel. Obwohl ich nichts gegen arbeiten habe. Nur eben nicht so regelmäßig, verstehn Sie? Wo bleibt denn sonst die Freiheit? Und das Leben? Also, wenn ich soviel verdiene, wie ich so tagsüber brauche, also das reicht mir! Na ja, da kann man in Frankreich schon über die Runden kommen.
In Paris fing alles an. Logisch! In Paris fängt für die meisten alles an. Aber nicht mehr unter den Brücken an der Seine. Das ist ´n alter Hut. Da spielen die Bullen nicht mehr mit. Razzia. Fast jede Nacht! Sie fallen über dich her, leuchten dir mit der Funzel ins Gesicht, dass du mitten im Tiefschlaf blind wirst, dann raus aus dem Schlafsack und rein in die Minna. Wenn du Glück hast, landest du in einer Sammelstelle, musst duschen, wirst desinfiziert und bekommst frische Unterwäsche aus alten Armeebeständen und ein Frühstück und dann wirst du wieder rausgelassen, bis zum nächsten Mal. Wenn du aber Pech hast, fahren sie dich gleich raus, kilometerweit, vor die Stadt, in den Wald, weit weg von Landstraßen, Autobahnen und Bahnhöfen. Dann werfen sie dich raus, der Schlagstock gibt Nachhilfeunterricht, und dann stehst du da mit ein paar Kumpels, mitten im Wald und nichts zu kauen. Nee, ich sag´ euch, das ist kein Leben.
Aber nur die Anfänger lassen sich von den Bullen schnappen. Oder ein paar total Ausgeflippte, abgefuckte alte Clochards, denen eh´ schon alles egal ist. Aber ich weiß genau wo die Futternäpfe stehen. In Paris ist sogar die Obdachlosigkeit organisiert und bürokratisch verwaltet. Man muss nur wissen, wie das abläuft. Also ich hab´ mich da richtig organisiert. Bin ja schließlich kein Penner! Bin Aussteiger und Freigeist. Mit obdachlosen Pennern hab ich nichts am Hut. Lieber fahr ich alleine mit der letzten Metro ein paar Takte raus aus der Stadt, bevor ich mich mit zu einer Pennergruppe schlafen lege. Trotzdem: Organisation ist für uns Deutsche alles! Auch in Frankreich. Sonst gehst du vor die Hunde.
"Wie kommt man trotzdem über die Runden?"
"Wie vermeidet man Probleme mit der Polizei?"
"Von Paris bis zum Mittelmeer: Erfahrungen durch Dick und Dünn...!"