Freiwilligendienst in der tschechischen Hauptstadt

Als Freiwilliger in Tschechien

Internationaler Freiwilligendienst in Prag

Soziales Engagement bei der jüdischen Gemeinde

Es hat sich schon etwas Alltag eingespielt im Kontakt mit den alten Menschen, die ich betreue, mit den alten Menschen der Jüdischen Gemeinde in Prag, dabei bin ich noch nicht lange hier. Mein Dienst begann Anfang September zunächst mit einem 17tägigen Seminar. Ich spüre inzwischen, dass dort eine Art ideelles Fundament gelegt wurde. Auch an den anderen Seminarteilnehmern habe ich gemerkt, dass ich mich für das Richtige entschieden habe.

Während des Seminars lernten sich die 50 neuen Freiwilligen kennen. Unter Anleitung der Teamer befassten wir uns mit unterschiedlichen Themen aus dem Bereich Nationalsozialismus, aber auch mit den konkreten Projektbereichen, die uns erwarteten. Mit unseren Themengruppen – meine beschäftigte sich mit dem Buch "Hitlers willige Vollstrecker" von Daniel J. Goldhagen – fuhren wir dann in zwei Gruppen zu den Gedenkstätten Majdanek und Stutthof. Dort führten wir die inhaltliche Auseinandersetzung fort. Insgesamt war das Seminar sehr anstrengend – ich hätte nicht gedacht, dass "Gerede" so ermüdend sein kann. Dennoch habe ich eine Menge "mitgenommen" von diesem Seminar. Ich weiß jetzt, was ich mache und mit wem ich es mache.
Am 17. September fuhren wir in unsere Projekte, und damit wurde aus dem Wir ein Ich. Ich hatte das Gefühl, endgültig allein zu sein, allein Fliegen lernen zu müssen. In dem Augenblick, als alle vertrauten Menschen weg waren, wurde mir dieser Einschnitt in meinem Leben erst richtig bewusst. Aber bewusst wurde mir auch, dass ich genau das wollte: allein fliegen.

Vieles, was meine Arbeit hier betrifft, liegt in meiner Hand, aber vieles hat auch feste Strukturen. Mein Arbeitstag ist dreigeteilt: Vormittags habe ich entweder Dienstbesprechung, lerne zweimal pro Woche Tschechisch oder mache Besuche. Mittags gehe ich zum Essen ins jüdische Rathaus, und anschließend bringe ich drei oder vier Menschen ihr Essen nach Hause. Dazu brauche ich im Moment etwa zwei Stunden. Anschließend mache ich wieder Besuche, und dienstags gehe ich mit einer Gruppe von alten Leuten schwimmen. Diese sind allerdings so fit, dass ich sie eigentlich eher aus eigenem Interesse begleite – meine Hilfe bräuchten sie nicht.

Zu Besuch bin ich im Moment erst bei drei Frauen. Eine von ihnen möchte ich etwas näher vorstellen: Frau Chybova kommt ursprünglich aus der Karpartenukraine, die früher zu Österreich-Ungarn, dann zur ersten Tschechoslowakischen Republik gehörte. Nachdem die Tschechoslowakei 1939 von Deutschland besetzt wurde, wurde Frau Chybova nach Auschwitz deportiert. Dort musste sie in einem Arbeitsommerlager unter so unmenschlichen Bedingungen arbeiten, dass sie nach dem Ende des Krieges nie wieder in der Lage war, ihren Beruf als Lehrerin richtig auszuüben.
Als ich sie kennen lernte, war sie gerade sehr krank und hatte Angst davor, ins Krankenhaus zu müssen. Trotzdem war sie sehr offen und froh darüber, dass ich sie besuchte. Vielleicht war sie anfangs sogar zu offen, denn ihre Erzählungen haben mich sehr mitgenommen.
Lena

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