Freiwilligendienst in England
Anderer Dienst im Ausland
Arbeiten in einem Heim für Menschen mit Behinderung
Es war nach dem Zivildienst, ich war schon zwanzig Jahre alt, und ich wusste immer noch nicht wirklich, was ich weiterhin tun sollte. Es geisterten einige vage Ideen durch meinen Kopf. Sollte ich auf eine Südseeinsel fliegen und dort als Animateur mein Auskommen verdienen? Oder nur mit einem Rucksack bewaffnet durch die weite Welt ziehen? Irgendwas studieren?
Irgendwie scheiterten diese Ideen, sei es am fehlenden Geld, fehlender Erfahrung oder fehlender Lust und erst als ich bei einem Besuch im BIZ auf eine Broschüre der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Bonn zu Auslandsdiensten in England stieß, konkretisierte sich etwas.
Ich bewarb mich und wurde tatsächlich zu einem Gespräch nach Frankfurt eingeladen, das durch die englische Partnerorganisation GAP gestaltet wurde. Das Gespräch war auf Englisch, oh my God, und es war schon spannend. Aber das Beste ist - ich wurde genommen.
Also saß ich einen Monat später in einem Nachtzug nach London. Das erste Mal in meinem Leben befand ich mich alleine in einer Großstadt im Ausland, und fühlte mich ziemlich verloren. Aber nach drei Tagen Seminar mit anderen Freiwilligen in der Weltmetropole hatte ich meine Sicherheit wieder und es ging auf nach Essex in die Kleinstadt Kelvedon. Dort würde ich also das nächste halbe Jahr verbringen. Das Herz rutschte mir in die Hose. Hier war alles klein, ländlich und sah mächtig langweilig aus.
Aber für Langeweile blieb keine Zeit, denn die Arbeit im Heim mit den Menschen, die unter verschiedenen Behinderungen litten, bot unglaublich viele, neue und reiche Erfahrungen für mich. Zusammen mit dem heimischen Mitarbeitern kümmerte ich mich von früh bis spät um die Bewohner. Da galt es zu wecken, zu waschen, essen zu geben, einzukaufen, aufzuräumen, zu beschäftigen, zu reden. Es war wirklich jede Menge los.
Wenn ich dann nach der Schicht in das kleine Häuschen neben der Einrichtung kam, war ich ziemlich k.o. und fiel in meiner Bude erst mal ins Bett.
Aber Ruhe fand ich dort auch nicht, denn ich war ja nicht der einzige Volunteer, sondern wohnte mit drei Japanerinnen, einem Türken und einer anderen Deutschen zusammen. Und so wurde ich mit Informationen, Anekdoten und Gebräuchen aus anderen Kulturen überhäuft und musste natürlich ebenso über meine Kultur, Land und Herkunft Auskunft geben. Da stellte sich mir zum ersten Mal so richtig konkret die Frage: Wo komme ich her und was zeichnet dieses Land, die BRD, eigentlich aus? Über die Fremde gelangte ich also wieder zu den eigenen Wurzeln, seltsam.
Aber ich beantwortete sämtliche Fragen zur Zufriedenheit aller und konnte so wieder in die fremden Kulturen eintauchen und dies theoretisch als auch praktisch, z.B. durch japanische Gerichte, schmerzhafte Massagen, türkische Lieder und vieles mehr.
Auch die englischen Leute und Gepflogenheiten sollte ich während des Aufenthalts zur Genüge kennen lernen. So im Pub, wo wir mit dem Besitzer und einigen anderen Stammgästen bei geschlossenen Türen und Läden nach dem offiziellen Ladenschluss noch eine Pint tranken und feierten. Oder beim Fußballspielen, wo ich, nachdem ich umgerannt worden und ohne zu murren wieder aufgestanden war, Klinsmann genannt wurde, als auch bei der Weihnachtsfeier mit Kollegen, wo man sich PinUp-Kalender, Penishanteln und andere neckische Scherzartikel schenkte.
Am prägendsten war aber die Arbeit mit den Menschen mit Behinderung. Sie legten häufig trotz ihrer schwierigen Situation eine große Lebenskraft an den Tag, was mir als junger Mensch gewaltig imponierte. Ich möchte die schönen, aber auch die schwierigen Situationen mit diesen Menschen nicht missen. Und schließlich wusste ich nach diesem halben Jahr, das noch mit einer Reise durchs Land abgerundet wurde, was ich weiterhin mit meinem Leben anfangen wollte: Ich hatte mich für ein Studium der Sozialpädagogik entschieden.
S. Finus
Reiselustige schauen mal hier nach, wo sich ein kompletter Reiseführer zu Großbritannien befindet. Zum Thema Übernachten in Großbritannien und Irland sowie zu London findet man im Shop was, ebenso zu Freiwilligendiensten weltweit, in Deutschland, aber auch in Großbritannien, z.B. in "Ferienjobs und Praktika - Großbritannien".