Sozialarbeit mit Behinderten
FSJ in einer Tagesstätte
Freiwilligenarbeit als Erzieherin
Eigentlich wollte ich ja Restaurantfachfrau oder Hotelfachfrau lernen und hätte nie gedacht, mal im sozialen Bereich arbeiten zu werden, geschweige den mit Behinderten. Anfangs habe ich das FSJ nur gemacht, weil mir sozusagen nichts anderes übrig blieb, und ich war wirklich verunsichert, als ich das erste mal in der Tagesstätte für Behinderte war, um mich vorzustellen.
Heute denke ich anders darüber. Ich bin sehr froh, dass ich mich für das FSJ und für die Arbeit im sozialen Bereich entschieden habe. Denn das macht mir wirklich Spaß, auch wenn ich mir vorher selbst nicht zugetraut hätte, jemanden zu waschen oder ihm Windeln zu wechseln. Doch mit der Zeit wird auch das ganz normal, und man macht es gerne.
Ich bin froh, wenn ich morgens zur Arbeit komme, ich arbeite gerne mit behinderten Menschen zusammen, auch wenn es manchmal schwierig ist.
Auf jeden Fall hat sich meine Ansicht geändert. Ich will nicht mehr in der Gastronomie arbeiten, sondern ich werde Erzieherin werden, um später mit Kindern und Behinderten zusammen arbeiten zu können. Mit Behinderten zu arbeiten, bereitet viel Freude und Genugtuung. Wer nicht selbst schon mal diesen Menschen zu tun hatte, kann man sich das gar nicht vorstellen.
Sie sind eigentlich immer fröhlich, gutgelaunt und zu Späßen aufgelegt. Ich habe mich schon in so mancher Situation gefragt, ob wirklich die Menschen die wir als „behindert" bezeichnen, nicht weniger behindert sind als wir „Normalen".
Ich habe noch keinen „Behinderten" gesehen, der sich darüber Sorgen und Gedanken machen würde, was er anziehen soll, um seine Problemzonen zu kaschieren. Auch kenne ich keinen, der sich Sorgen machte, was übermorgen oder in einem Jahr wäre.
Sie leben einfach, ohne groß über den Sinn des Lebens zu philosophieren und genießen jeden einzelnen Tag. Je mehr ich darüber nachdenke, um so mehr frage ich mich, warum wir „Normalen" es nicht schaffen, uns wirklich an den kleinen Dingen des Lebens zu freuen.
Den meisten ist es doch wichtig, gut auszusehen, einen tollen Beruf zu haben, ein schönes Auto zu fahren, ein Haus zu haben und Karriere zu machen. Ich wollte auch immer viel Geld verdienen usw., doch man kann auch durch andere Dinge außer Geld glücklich werden.
Mich macht es glücklich, wenn mich einer von den „Behinderten" in den Arm nimmt. Mir ganz plötzlich einfach so einen Schmatzer auf die Wange gibt, oder mich einfach anlächelt, wenn ich in den Raum komme und ich dadurch merke - und er mir zeigt - dass er mich gerne hat und sich einfach freut, dass es mich gibt. Dass ich da bin, mit ihm rede, spiel, male, wir einfach ein bisschen Zeit verbringen.
Sie freuen sich an kleinen Dingen, wenn die Blume zu blühen beginnen, einfach nur alltägliche Sachen, die für uns nichts Besonderes darstellen.
In zwei Wochen fahren wir für ein paar Tage nach Holland auf Freizeit. Ich freue mich schon sehr darauf, aber die „Behinderten" freuen sich noch viel mehr. Schon seit Wochen sagt mir einer Tag für Tag, dass er sich schon so freue und erzählt jeden Tag, was wir alles machen würden. Ich höre ihm jeden Tag zu, auch wenn ich das Ganze schon zehnmal gehört habe.
Klar, auf der einen Seite ist es schon anstrengend und auch etwas nervig, aber ich mache das gerne, und ich weiß jedesmal, wenn mich anlächelt, in den Arm nimmt, wofür ich es mache. „Behinderte" brauchen viel Zuneigung, mehr als wir „Normalen", oder mehr als wir uns eingestehen. Aber für alles, was man diesen Menschen gibt, bekommt man viel mehr zurück.
Ich für meinen Teil, bin mir jetzt sicher, im sozialen Bereich tätig sein zu wollen, weil ich Spaß daran habe und mich über jeden Tag freue, den ich dort verbringen kann. Auch wenn es nicht nur einfache Arbeit ist. Auf jeden Fall empfehle ich jedem unbedingt mal in den sozialen Bereich reinzuschauen.
Man wird nicht nur um Erfahrungen reicher, sondern bekommt auch eine andere Ansicht der Dinge und wird auch ein Stück weit erwachsener.
S. Marian