Arbeit mit behinderten Kindern
Als Freiwilliger in Cuenca
Freiwilligendienst in Südamerika
Auch in der Schule für die behinderten Kinder, in der wir am Morgen arbeiten, laufen die Dinge meist unorganisiert. Selten werden wir informiert, was eigentlich so passiert in dem ganzen Schuljahr und dann steht zum Beispiel eine Parade der ganzen Kunsthandwerksschulen Cuencas an, und es heißt: „Übrigens ist morgen die Parade für die Kinder, könnt ihr euch nicht einfallen lassen, wie wir da auftreten sollen?“ Natürlich waren Markus und ich zu Beginn ziemlich genervt, dass man uns das nicht etwas früher sagt, damit wir auch schön, gründlich, nach deutscher Art einen Plan machen können, was wir für jede Abteilung der Schule brauchen und dann auch mit den Kindern die ganzen Kostüme und Requisiten basteln können. Aber am Ende sah es dann so aus, dass wir, die beiden Zivis, im Klassenzimmer saßen und geklebt, geschnitten und gesägt haben.
Letztlich war es dann doch noch ganz witzig, als wir auf einem großen Platz von Cuenca standen, inmitten der ganzen nichtbehinderten Schulkinder in ihren strengen Schuluniformen, alle in Reihe und Glied aufgestellt.
Als sich dann dieser ganze Zug an Schulen in Bewegung setzte, wurde es aber noch viel witziger. Ungefähr 2000 Schüler marschieren wie zu „guten“ alten Kaiserzeiten. Und zwischendrin, direkt vor der Militär-band, tummelt sich ein bunter, unzivilisierter Haufen, verkleidet in bunten Kostümen, Hüten, Masken, zwei Meter großen Pinseln, Pappeimern, -sägen, -nägel und –scheren. Die Kinder der Behindertenschule, ein Bild für die Götter!
Doch die Kinder gaben ihr Bestes, einige versuchten sogar im Takt der Militärband mitzumarschieren, doch das hätte sogar der Mensch mit dem besten Rhythmusgefühl nicht geschafft, denn das Problem war, dass die Band den Rhythmus nicht halten konnte und jeder Musiker sein eigenes Lied spielte.
Doch das wirklich Schöne an dieser Parade war, dass wir die einzige Schule waren, für die die Menschen am Straßenrand geklatscht haben. Das hat dann doch mein Bild über die Gesellschaft und deren Einstellung Behinderten gegenüber sehr geändert und mir auch die Augen geöffnet, dass nicht alle Leute hier Menschen mit Behinderungen verständnislos gegenübertreten.
Trotzdem kann man nicht leugnen, dass vor allem in den Familien die Toleranz wachsen, und ihnen klargemacht werden muss, dass es keine Schande ist, sein behindertes Kind am Nachmittag auf die Straße zu lassen, wo es vom Nachbar gesehen wird.
Momentan sind wir mit den Vorbereitungen für ein kleines Theaterstück beschäftigt, das wir mit den Kindern aufführen wollen. Auch hier hatten wir wieder dasselbe Organisationsproblem. Ungefähr zwei Wochen vor Aufführungstermin kam die Schulleiterin mit der Bitte zu uns, ob wir nicht ein kleines Theaterstück zur Woche des Schutzpatrons der Schule auf die Beine stellen könnten, das vielleicht auch das Thema über die verschiedenen Arbeitsbereiche der Schule beinhaltet. Frustriert darüber, dass schon wieder alles so knapp bemessen war, setzten Markus und ich uns zusammen, um ein zwanzigminütiges Theaterstück zu schreiben.
Das Ergebnis hat uns dann doch überrascht: es kam ein Theaterstück heraus, das gut die Fähigkeiten darstellte, die die Schule den Schülern vermittelt.
Doch was die ecuadorianische Mentalität widerspiegelt, ist die Tatsache, dass der Theatertermin abgeblasen und auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Dies nachdem Markus und ich nach vielen Stunden Arbeit und Herstellung der Requisiten endlich fertig geworden waren.
F. Tritschler und M. Kerkhoff