Die falsche Entscheidung ?
Gründe für einen Auslandsaufenthalt
Vor meiner Abreise nach England habe ich oft von Freunden und Bekannten gehört: "Das ist ganz schön mutig, so lange alleine ins Ausland zu gehen" oder "Ich würde mich das nicht trauen in einem fremden Land so ganz alleine". Hin und wieder habe ich auch mal gehört "Das hätte ich auch gerne gemacht, aber....", und dann kamen Gründe, warum dann doch nichts daraus wurde.
Ich selbst hatte keine Zweifel, die falsche Entscheidung getroffen zu haben, oder Angst, alleine in einem anderen Land zu leben. Ganz im Gegenteil, ich war richtig froh, daß es endlich doch geklappt hatte, und ich statt ständigen Alltagstrotts mal was Neues sehen würde. Keine lästige und langweilige Ausbildung mehr. Endlich konnte ich mal tun, was ich wollte. Vorher hatten meine Eltern es immer irgendwie geschafft, mir das auszureden, was mir vorschwebte, aber nicht dieses Mal.
Ein wenig Spannung war auch dabei, ich wußte ja nicht genau, was mich eigentlich erwartete. Ich war vorher nur kurz in London gewesen, und hatte die üblichen Sehenswürdigkeiten betrachtet, et-was Shopping, die typische 3-Tage-Touristentour eben.
Ich war auch neugierig darauf, neue Menschen kennerzulernen, die nicht aus meiner bisherigen Umgebung stammten, sondern aus einer anderen Kultur. Weiterhin war es die Chance, mehr über England zu erfahren, all die Dinge die man als Tourist nicht sieht.
All denjenigen, die noch nachdenken und sich noch nicht entgültig für einen Auslandsau-fenthalt entschieden haben, wollte ich noch sagen: Es lohnt sich auf jeden Fall. Ob es jetzt London ist, Paris oder Tokio. Nicht alleine wegen der Sprachkenntnisse ist ein Auslandsaufenthalt empfehlenswert, man sieht und erfährt soviel Neues.
Ich würde mich ohne zu zögern sofort wieder für einen Auslandsaufenthalt entscheiden. Ich hoffe sogar, daß sich in nächster Zukunft wieder etwas ergibt.
Ich freute mich sehr auf den lang erwarteten Tag meiner Abreise. Vor dem Beginn meines ersten Kurses in London bin ich noch zwei Wochen nach Paignton, Devon an die englische Riveria gefahren. Ich hatte im Jahr zuvor einen Sprachkurs in Paignton gemacht und bei einer Gastfamilie gewohnt. Die FamilieTodd war sehr nett; sie haben mich noch mal eingeladen und ich bin gerne wieder hingefahren. Die zwei Wochen sind auch wie im Flug vergangen. Ian und Thelma haben mich dann mit dem Auto nach London gebracht. Ich mußte nicht extra mit dem Zug oder dem National Express fahren.
Wie mein London-Abenteuer begann
Am Samstag, den 18. September begann mein London-Abenteuer. Devon liegt im Süden von England, und ist ungefähr vier (Auto-) Stunden von London entfernt. Wir sind morgens losgefahren und waren dann kurz nach 12 Uhr in London. Thelma und Ian hatten sich entschlossen, eine Nacht in London zu bleiben, damit wir noch was zusammen unternehmen konnten. Ich fand das wirklich toll. Aber zuerst mußte ich mich mal einchecken in meinem "neuen Zuhause".
Thelma and Ian setzten mich beim Lee Abbey International Students´ Club ab um zu ihrem Hotel zu fahren. An der Rezeption hatte ich dann das erste Problem mit Lee Abbey. Stanton, ein Amerikaner der dort arbeitete, stellte nach längerem Suchen fest, daß für mich keine Reservierung vorlag. Stanton war keiner der schnellsten, und außerdem war ich genau in der Mittagspause angekommen. Ich mußte erst mal eine Stunde warten, bis die ganze Sache geklärt werden konnte. Nachdem ich die ganze Mittagspause gewartet hatte, kam gegen 1 Uhr Neveen, die auch an der Rezeption arbeitete, und klärte die Verwirrung auf. Sie stellte fest, daß ich erst am nächsten Tag erwartet wurde. Aber mein Zimmer war gott sei dank schon frei. Ich konnte dann endlich mein Gepäck aufs Zimmer bringen. Das Zimmer war primitiv, aber dazu später mehr. Ich habe erst einmal nur mein Gepäck abgestellt und Stacie, mit der ich mir das Zimmer teilte, kennengelernt. Den Rest des Tages habe ich mit Ian und Thelma verbracht. Wir haben uns Geschäfte in der Oxford Street angesehen, und uns über seltsam aussehende Gestallten amüsiert, von denen man in London viele antrifft. Thelma traf fast der Schlag als sie die Londoner Preise sah. Im Vergleich zu Torquay war alles viel teurer. Nachdem wir den ganzen Nachmittag kreuz und quer durch London gelaufen waren und einem kurzen Stop bei Burger King, suchten wir am Abend ein chinesisches Restaurant. Aber egal wo wir hingingen, es war überall unheimlich voll. Vor dem Restaurant, das wir schließlich aussuchten, mußten wir eine halbe Stunde in der Schlange warten, bis wir einen Tisch bekamen. Den mußten wir uns dann mit einem Ehepaar teilen. Das Restaurant war so eine Art chinesiches Fast Food Restaurant mit Bedienung. Das Essen schmeckte nicht sonderlich gut. Nach dem Essen kam dann der Abschied von Ian und Thelma. Sie mußten am nächsten Morgen früh los, und ihre Kinder wieder bei den Großeltern einsammeln.
Beim Abschied von Thelma und Ian hatte ich das einzige Mal Zweifel ob ich auch das Richtige tat. Als die beiden weg waren, und ich alleine in meinem neuen-alten Zimmer saß, war das schon ein komisches Gefühl. Das war nur vorrübergehend, die Zweifel waren schneller verflogen als sie gekommen waren.
Ich hatte ein halbes Doppelzimmer gebucht. Meine erste Zimmergenossin war Stacie von den Bahamas. Sie war sehr nett, und hat mir sofort alles gezeigt. Sie war zwar nur einen Tag vor mir angekommen, aber sie kannte sich bei Lee Abbey schon ein bißchen aus. Ich wurde ihren neuen Freunden vorgestellt, allerdings hat sie mir auch erzählt, daß sie in einigen Tagen in ein kostengün-stigeres Dreibettzimmer ohne Bad umziehen würde.
Ich hatte mich für ein Zimmer mit Bad entschieden, weil ich dachte, daß es jeden Morgen ein ziemliches Gedränge geben würde, wenn alle Studenten in die Badezimmer und Duschen auf dem Flur wollten. Im Nachhinein denke ich, es wäre gut auch ohne Bad gegangen.
An meinem ersten Morgen in London, machte ich mich nach dem Frühstück auf die Suche nach der Schule. Ich hatte nur eine sehr grobe Wegbeschreibung, und ich war mir nicht sicher, ob ich den Weg am folgenden ersten Schultag auf Anhieb finden würde. Ich wollte außerdem wissen, ob es zu weit war um hinzulaufen. Das es zu weit war, habe ich dann sehr schnell festgestellt, nachdem ich schon über eine Stunde gelaufen war und immer noch keine Schule in Sicht war.
Ich war froh, daß gleich am Tag darauf die Schule anfing. Zum ersten Mal in meinem Leben, freute ich mich auf eine Schule. Der Foundation-Course der Desmond Jones School of Mime im Herbst 2003 bestand aus 30 sehr unterschiedlichen Menschen aus den verschiedensten Ländern, wie z. B. Japan, Schweden, Brasilien, Finnland, Frankreich, England, Deutschland und sogar Australien.
Zu den kurzen Zweifeln möchte ich noch sagen, daß ich es nie bereut habe, nach London gegangen zu sein. Es war vielmehr so, daß ich es bereut habe, zurückgekommen zu sein. Die Zeit in London werde ich nie vergessen. Und jeder der die Gelegenheit zu einem Auslandsaufenthalt hat, kann ich nur empfehlen, sie zu nutzen. Die Chance hat man nicht oft im Leben.