Hafenbar in St. Tropez - Mistral und Wolkenbruch
Besuch in einer Hafenkneipe
Mode, Flachbildschirme und Szenemenschen
Ein paar Zeilen seien auch meinem treuesten Begleiter hier gewidmet: meinem „vélo".
Anfangs mit einem herrlichen, alten Rennrad von meiner Stelle ausgestattet, das jedoch leider aufgrund eines schwerwiegenderen Unfalles und trotz verzweifelter Rettungsversuche verschiedenster Experten – meiner selbst und einiger Obdachloser – nicht zum Leben erweckt, geschweige denn repariert werden konnte, bin ich seit Anfang Dezember auf einem selbstgekauften, gebrauchtem und ebenfalls älterem Rennrad unterwegs.
Ein gutes „vélo" ist für mich wirklich unersetzlich, da meine Arbeitsstelle sowie Fréjus und St. Raphael eben fast 10 km entfernt liegen, was einiges Strampeln erfordert.
Außerdem ist es für meine wochenendlichen Radtouren an der gesamten „côte" ebenfalls nicht ungeschickt ein gut laufendes Rad zu besitzen.
Meine letzte Tour führte mich ins mondäne St. Tropez, ungefähr 30 km westlich von mir an der Küste.
Obwohl der Regen spürbar in der Luft hing, bin ich voller Zuversicht mit Strandhandtuch, guter Lektüre und der Absicht ein paar gemütliche Stunden am Strand verbringen zu können losgeradelt.
Nieselte es dann beständig, so fand dieses harmlose Wetter dann zehn Kilometer vor St. Tropez ein jähes Ende, und ich bekam zu spüren, was der berüchtigte „mistral" und ein Wolkenbruch gemeinsam für unangenehme Kälte- und Feuchtigkeitserscheinungen auslösen können.
Ich bin also noch schnell nach St. Tropez hineingeradelt – immer schön neben den Autos her, deren Insassen mich aus dem gemütlichen, trockenen Innern heraus schadenfroh und neugierig begutachteten – und habe mich dort nach einer Aufwärmmöglichkeit umgeschaut.
Fündig wurde ich in einer Art Bar am Hafen, wo ich schon beim Eintreten einen kleinen See hinterließ und zudem wegen meines sonderbaren Aufzuges prompt misstrauisch gemustert wurde: Meine „quellenden" Sportschuhe wurden von einer elegant hautenganliegenden Radlerhose gefolgt, diese wiederum von einem durchnässten, orangefarbenem Wollpullover, aus dessen Ausschnitt noch der Kragen meines Radtrikots herausragte.
Dieses glorreiche Outfit krönte schließlich mein schicker Fahrradhelm, ein ebenfalls durchnässter Rucksack und Dreckspritzer von Kopf bis Fuß.
Nun muss man wissen, dass der gemeine Besucher einer Bar in St. Tropez eher durch Schick sowie eine gewisse elitäre Haltung auffällt und natürlich das entsprechende Kleingeld besitzt – man könnte auch von der Konterkarierung meiner Erscheinung sprechen…
Ich jedoch gefiel mir in der Rolle des Sonderlings und so setzte ich mich, bestellte einen Tee, den ich immer wieder unauffällig aus meiner Thermoskanne nachfüllte und widmete mich meinem Buch – all dies umgeben von todschicken Szenemenschen, die hochinteressiert die neuesten Modekreationen auf den Flachbildschirmen verfolgten, sich über meine Garderobe mokierten und meine Verrenkungen vor dem kleinen Fön verfolgten, mit dessen Hilfe ich ein wenig Trockenheit zurückgewinnen wollte.
Schließlich kam die Stunde des Abschiedes und ich schwang mich auf mein „vélo" um den Rückweg anzutreten, mit meiner geliebten Musik im Ohr und dem Genuss einer heißen Dusche vor Augen!
R. Auer
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Und hier etwas für alle, die immer noch keine Lust auf Frankreich haben.