Scheußliches Essen

London-Aufenthalt

Leibliches (Un-)Wohl

Aber ich habe durch meinen London-Aufenthalt auch einiges über andere Kulturen gelernt. In Ländern wie Vedna´s Heimat Mauritius ist die Familien-zusammengehörigkeit viel größer als in Europa. Es ist dort zum Beispiel noch üblich, daß die Eltern die Ehepartner ihrer Kinder aussuchen. Bevor ich Vedna kannte, hätte ich warscheinlich darüber gelacht, und gesagt das sollten meine Eltern mal versuchen. Oder vielleicht jeder ist selber Schuld der sich das gefallen lassen in der heutigen Zeit. Heute weiß ich, daß schwer ist, gegen seine Erziehung anzukommen. Vedna gefällt es auch nicht, daß sie jemanden heiraten soll der ihren Eltern gefällt, besonders nachdem sie in Europa war, aber sie wurde so erzogen und fühlt sich ihrer Familie gegenüber verantwortlich.

Trotz dieses relativ unglücklichen Starts habe ich mich mit Vedna gut verstanden. Wir sind sehr schnell Freunde geworden. Etwas später erzählte sie mir, daß sie diese Tante die sie an ihrem ersten Tag begleitete überhaupt nicht leiden kann. Der Onkel war zwar ganz in Ordnung, hatte aber zu Hause nichts zu melden. Vedna mußte Onkel und Tante öfter besuchen, und die Tante startete auch Kontollanrufe, um dann wenn ihr etwas nicht gefiel Vedna bei ihren Eltern anzuschwärzen. Ich würde einer Tante die ich nicht ausstehen kann keine Rechenschaft ablegen und sie schon gar nicht besuchen. Aber Vedna hatte viel zuviel Respekt vor der Familie um das zu tun.

L.A.I.S.C.-Alltag

Lee Abbey ist eins der wenigen Hostels bei denen das Essen mit im Preis inbegriffen ist. Anfangs dachte ich es ist ein Vorteil, bis ich das Essen zum ersten Mal probierte. Ein Zimmer ohne Verpflegung kann man bei Lee Abbey nicht mieten. Es gibt aber auch Ausnahmen. Wie meine Freundin Eva, sie ist gegen verschiedene Lebensmittel allergisch, und konnte mit Hilfe eines ärztlichen Atests dem Essen entkommen. Für den Rest von uns gab jeden Tag Frühstück und Abendessen, und an den Wochenenden zusätzlich noch Mittagessen. Das Essen war meistens furchtbar, manchmal war es ungenießbar, und dann gab es auch Tage da war es ganz o.k. Überwiegend war es aber scheußlich, und man konnte immer schon vorhersagen was es an welchem Tag gab, z.B. gab es freitags immer Fisch und sonntags immer Hähnchen. Zum Frühstück gab es grundsätzlich hart gekochte Eier, drei verschiedene Sorten Cereal (Corn Flakes, Rice Crispies, usw.) Kaffee, Tee, Toast, baked beans und abwechselnd Würstchen, Chicken Nuggets und Fischstäbchen. Säfte, Bacon und Croissants gab es nur Sonntags.

Zum Dinner gab es auch immer das Gleiche. Reis gab es jeden Tag und dazu einen abscheulichen Auflauf (die Aufläufe waren grundsätzlich scheußlich) oder ein Stück Fleisch bzw. Fisch. Falls es Kartoffeln gab, dann immer nur mit Schale. In England ißt man die Schale mit, wegen der Vitamine, wie Thelma mir erklärte.
Jeden Sonntag gab es statt dem Dinner den sogenannten "High Tea".

Hauptunterschied zum Dinner: Statt um 6 Uhr fing High Tea schon um 5.30 Uhr an. Es war eine Art Buffet, und das gesamte Essen war kalt ob es nun Pommes oder Reis mit Erbsen, Rosinen und Mais gemischt waren. Es war offensichtlich das es alles Reste waren. Dazu gab es ungenießbare salzige Kartoffelchips, Wurst und steinharte Brötchen. Die Essenzeiten waren natürlich fest-gelegt:

Montags bis Freitags:
Frühstück: 7:45 - 9:00 Uhr
Tea: 4:00 Uhr
Dinner: 6:00 - 7:00 Uhr

Samstags: Frühstück: 7:45 - 9:00 Uhr
Lunch: 12:30 - 1:30 Uhr
Tea: 4:00 Uhr
Dinner: 6:00 - 7:00 Uhr

Sonntags: Frühstück: 8:30 - 10:00 Uhr
Lunch: 1:00 - 2:00 Uhr
High Tea: 5:30 - 6:30 Uhr

Außerhalb dieser Essenszeiten gab es nur für Studenten mit späten Vorlesungen Essen, die sie sich am Anfang der Woche in die entsprechende Liste eingetragen hatten.

Ich habe gleich an meinem zweiten Sonntag verschlafen, und kam zu spät zum Frühstück. Ich bekam nur noch etwas von den Resten, einen harten, kalten Toast und ein Glas Orangensaft.
Getränke gab es zum Dinner nur sehr selten, die meiste Zeit gab es nur Leitungswasser.

Mich hat sehr gestört, daß zum Essen ausschließlich Pappteller und Pappbecher benutzt wurden. Aus Umweltschutzgründen sollte man den Abwasch in Kauf nehmen, auch bei Lee Abbey. Das L.A.I.S.C-Küchenteam hat sich so den Abwasch erspart. Das Besteck, das komischerweise nicht aus Plastik war, wurde auch nicht richtig abgewaschen. Ich erinnere mich noch gut daran, daß einmal beim Essen jemand erzählte er hatte zufällig gesehen das kein Spülmittel verwendet würde, und alles nur unter den Wasserhahn gehalten würde. Da wir Lee Abbey zu dem Zeitpunkt alle schon gut kannten, schien es gar nicht so weit hergeholt wie es klingt.