Ein Jahr in einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

FSJ in der Psychiatrie

Freiwilliges Soziales Jahr im Krankenhaus

Ein Jahr arbeiten und helfen durch soziale Tätigkeit

“Ich hatte keine Lust mehr auf Büffeln, sondern wollte was mit Menschen machen.” Aus diesem Grund entschied sich Sarah Teske für ein Freiwilliges Soziales Jahr an der Friedrich-Husemann-Klinik, Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Buchenbach. Dass dieses Jahr, bei vielen eingeschoben zwischen Abitur und Studium, kein verlorenes ist, darüber ist sie sich mit ihren insgesamt sieben Kolleginnen einig, “man lernt auch sich selbst besser kennen.”

Wenn Sarah Teske Frühdienst hat, beginnt ihr Arbeitsalltag, wenn alle anderen noch schlafen: Um 6.30 Uhr. Nach dem Wecken richtet sie die homöopathischen Tropfen her, denn: “Homöopathische Medizin muss vor dem Frühstück genommen werden.” Die 19-Jährige arbeitet in einer geschlossenen Station, weshalb sie nach dem Frühstück und auch nachmittags die Patienten meist zu ihren Therapien, aber auch zu äußeren Anwendungen wie Bädern oder Eurythmie begleitet oder einfach nur zuhört oder mit ihnen ein Spiel spielt.

Dass die Klinik auf Grundlagen der anthroposophischen Medizin arbeitet, wusste Sarah Teske nicht, als sie sich bewarb. “Die meisten hatten mit Anthroposophie vorher nichts zu tun” , sagt Pflegedienstleiterin. In der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie werde die Anthroposophie als Erweiterung und Bereicherung gesehen. In dieser Lehre vom Menschsein wird der ganze Körper als Grundlage des Seelenlebens verstanden, nicht nur das Gehirn. “Deshalb auch die äußeren Anwendungen, dabei sollen organische Ressourcen aktiviert werden”, erklärt Ute Grisebach.

“Ich wusste vorher nicht, wie eng Körper und Psyche zusammenhängen”, sagt die 20-jährige Julia Doran, die ebenfalls ihr FSJ in Buchenbach macht, “ich achte jetzt in meinem Privatleben auch viel mehr darauf.” Neben den üblichen Seminaren zum Freiwilligen Sozialen Jahr, die überregional organisiert sind, werden ab Januar dieses Jahres zusätzliche Kurse an der Klinik angeboten. “Wir wollen dabei Hintergrundwissen über die Wirkungsweise von Homöopathie, anthroposophischen Medikamenten und Behandlungsmethoden vermitteln”, sagt Ute Grisebach.

Am 1. September vergangenen Jahres begann für Sarah Teske, Julia Doran und Maike Kornmann neben vier anderen das Freiwillige Soziale Jahr. Alle leben auch auf dem weitläufigen Gelände der Klinik und alle drei sind sich sicher, dass diese vier Monate bereits ihr Leben verändert haben: “In dieser Zeit lernte ich mehr im Umgang mit Menschen als in der ganzen Zeit zuvor”, sagt Sarah Teske. Auch die bereits 23-jährige Jana Heimbach, die als so genannte Quereinsteigerin bereits seit März an der Klinik arbeitet, empfindet ihre Entscheidung zu einem Freiwilligen Sozialen Jahr als unglaublich bereichernd. Sie hatte nach zweieinhalb Jahren ihr Studium in Germanistik, Geschichte und Philosophie abgebrochen, weil sie “einfach etwas mit Menschen machen wollte”.

Als sie sich für ein soziales Jahr entschieden hatten, hatte zunächst jede mit Vorurteilen im Verwandten- und Bekanntenkreis zu kämpfen. Entweder waren es die Eltern, die ihre Tochter gerne direkt nach der Schule an der Universität gesehen hätten und das FSJ als verlorenes Jahr betrachteten. Oder es waren Freunde, “Leute in unserem Alter, die glaubten, dass in der Psychiatrie noch immer mit Gummizellen gearbeitet wird”, erzählt Maike Kornmann. Und Julia Doran war geraten worden, doch “vorher einen Selbstverteidigungskurs zu machen.” Mittlerweile würden diese Klischees im Bekanntenkreis der Vergangenheit angehören, ein Prozess von dem unsere Gesellschaft aber noch weit entfernt ist, meint Sarah Teske: “Wären psychische Probleme kein Tabuthema, würde das den Heilungsprozess sicherlich beschleunigen.”

Alle vier jungen Damen sind sich einig, nach dem FSJ im sozialen Bereich zu bleiben. Die Gedanken kreisen dabei um Kunsttherapie, Logopädie, Ergotherapie oder Heilpraktikerschule. Noch bleiben aber neun Monate an der Friedrich-Husemann Klinik. “Es ist schon merkwürdig”, sagt Maike Kornmann, “man denkt, man macht hier was für andere und im Endeffekt merkt man, dass man am meisten für sich selbst gemacht hat.”

Infomationen zum Freiwilligen Sozialen Jahr gibt es unter anderem unter www.freiwilliges-jahr.de oder www.fsj-baden-wuerttemberg.de.

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