Flüchtlinge nach Palästina

Kibbuz nach dem Zweiten Weltkrieg

Kibbuz Sedot Yam wurde zu einer der Küstenbasen für die heimlich anlegenden Flüchtlingsschiffe. Bis 1947 konnten auf diese Weise 80.000 Menschen illegal nach Palästina einwandern.
Es hätten viel mehr sein müssen. Angesichts der Massaker in Mittel- und Osteuropa ist diese Zahl verschwindend gering. Für die Araber allerdings, die selbst Opfer schwer durchschaubarer Nationalverschiebungen geworden waren und von denen nicht wenige zurecht als Flüchtlinge zu bezeichnen waren, wurde die Situation unerträglich.
Jene Kibbuzim, die bis 1948 entstanden, wurden bereits in Hinblick auf eine bevorstehende Teilung Palästinas und auf ihre mililtärstrategische Bedeutung hin angelegt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten 620.000 Juden und 1,2 Millionen Araber in Palästina. Im Jahr 1947 beschloß die UNO, das Land in einen jüdischen und einen arabischen Staat zu teilen und Jerusalem zu internationalisieren. Zu dieser Zeit lebten etwa 7,5 % der Bevölkerung Israels in Kibbuzim.

Am 14. Mai 1948 gab Großbritannien sein Mandat über Palästina auf. Unmittelbar danach rief Ben Gurion den Staat Israel aus. Am 15. Mai dringen die Armeen der fünf benachbarten arabischen Staaten zur Unterstützung der arabischen Palästinenser nach Palästina ein. Ein halbes Jahr lang - bis zum 11. Dezember - dauert der Krieg, in dem Israel nicht nur den von der UNO zugeteilten Raum verteidigt, sondern weiteres Land dazu erobert. Die Verluste auf beiden Seiten sind sehr hoch, auch viele Kibbuzniks fallen in den schweren Kämpfen, die teilweise »Mann gegen Mann« vor den Toren der Kibbuzim ausgetragen werden. Nach dem Ende des Krieges kommt es zu einer Vielzahl von Kibbuzneugründungen. Entlassene Angehörige der Armee gründen Kibbuzim, mit deren Aufbau sie teilweise schon während des Krieges in Form von Armeelagern begonnen hatten. Die Jahre nach dem Krieg werden zu einer produktiven Aufbauphase für die Kibbuzbewegung. Viele Neugründungen fallen in diese Zeit.

Kibbuzbewegung: Anfang der fünfziger Jahre

Anfang der fünfziger Jahre kommt es zu einer folgenschweren ideologischen Auseinandersetzung in der Kibbuzbewegung. Die Spaltung vieler Kibbuzim ist ihre Folge. Viele Mitglieder verlassen mit dem ihnen zustehenden Kapitalanteil ihren Kibbuz und gründen einen neuen, oft nur wenige hundert Meter vom Standort der ursprünglichen Siedlung entfernt.
Trotz allem breitet sich die Bewegung in den fünfziger Jahren aus. Die Kibbuzniks erweitern und verbessern ihre landwirtschaftlichen Anbaumethoden, neue Gebiete werden versuchsweise besiedelt (Wüstenregionen). Nach langen Debatten beginnt die Industrialisierung einiger Kibbuzim, die dann sehr schnell voranschreitet.
Nach dem Sechstagekrieg im Juni 1967, in dem Israel den Sinai, die Golanhöhen und die westlich des Jordans gelegenen Gebiete (Westbank) eroberte, werden auch hier eine Reihe von Kibbuzim gegründet.

Der Verband HaKibbutz Ha´artzi lehnt die Besiedlung solcher Gebiete grundsätzlich ab. Mit dem Ende der sechziger und frühen siebziger Jahre kommt eine neue Krise auf die Einwohnerschaft vieler Kibbuzim zu: aus unterschiedlichen Motiven beginnen jüngere Kibbuzmitglieder und Jugendliche, ihre Kibbuzim zu verlassen. Die Tendenz wird so stark, daß die »Ballade für den Kibbuz-Verlasser« an der Spitze der israelischen Hitparade steht und das Problem zum Tagesthema wird. Im Gefolge der zahlreichen Diskussionen und Untersuchungen über dieses Phänomen entschließen sich die Kibbuzim, ihren Umgang mit den »Aussteigern« zu verändern. Während vorher jemandem, der seinen Kibbuz verließ, zeitlebens die Rückkehr verweigert wurde, legt man jetzt sogar den Jugendlichen und jungen Erwachsenen nahe, sich nach dem Militärdienst ein Jahr lang in der Welt umzusehen und Vergleiche anzustellen.

Ein anderes Problem taucht in diesem Zusammenhang auf: nicht nur jene, die ihrem Kibbuz den Rücken kehren, auch der hohe Anteil Wehrpflichtiger schwächt das Arbeitskräftereservoir. Dies ist die Stunde der Volontäre (Freiwilligen). Aus allen Teilen der Welt kommen Arbeitswillige, um beim Aufbau der Kibbuzim, bei Ernteeinsätzen und Produktionsengpässen zu helfen.
Seitdem hat es weitere Kriege gegeben (Yom-Kippur 1973, Libanon-Feldzug 1982 (offiziell »Operation Frieden für Galiläa« genannt), »Intifada« ab 1988, Golfkrieg 1990 / 91), die nicht nur die Kibbuzbewegung, sondern auch die gesamte israelische Wirtschaft stark belastet haben. Im Lauf der innenpolitischen Verschiebungen danach sank der Wert der freiwilligen Helfer wieder.