Einwanderer nach dem Ersten Weltkrieg
Vorbereitung auf Siedlerdasein
Als der Erste Weltkrieg dem Einwandererstrom aus Osteuropa vorerst ein Ende setzte, entstanden in Rumänien, Polen, der Tschechoslowakei und in Österreich auf den Kibbuz ausgerichtete zionistische Jugendverbände, die ihre Mitglieder systematisch auf ein künftiges Siedlerdasein in Palästina vorbereiteten und ihnen in einigen Ländern sogar schon eine fundierte landwirtschaftliche Ausbildung mit auf den Weg geben konnten. Nach dem Ersten Weltkrieg setzte eine zweite Einwandererwelle ein. Bis einschließlich 1922 wurden neun weitere Kibbuzim gegründet.
Von nun an strömten immer mehr jüdische Einwanderer nach Palästina. Viele von ihnen wurden bei ihrer Ankunft in Kibbuzim aufgenommen oder gründeten nach Erhalt einer entsprechenden Schulung ihre eigenen.
Indessen vermehrte sich der arabische Widerstand gegen die neuen Siedler. Es kam - vorerst noch vereinzelt - zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Juden und ortsansässigen Arabern, die sich gegen die Eindringlinge zur Wehr setzten. In dieser Zeit entstanden innerhalb der jüdischen Siedlungen in Palästina und ganz besonders in den Kibbuzim paramilitärische Verbände, die anfangs ausschließlich der Selbstverteidigung dienten.
Wachleute / Untergrundarmee
In den ersten Tagen nannten sich die jüdischen Militärtrupps Hashomer (= Wachleute). 1921 entstand die Hagana (bis 1948 illegale Untergrundarmee), die später in die offizielle israelische Armee überging. Die geplante Ansiedlung von Kibbuzim war von Beginn an wenigstens teilweise von militärisch-politischen Bedürfnissen bestimmt. Das Militärkonzept der frühen Jahre sah eine Mischung aus der Verteidigung gegenüber arabischen Angriffen, wenn nötig mit Waffengewalt, vor, gleichzeitig aber die Selbstbeschränkung und den Verzicht auf wahllose Vergeltung. Die Kibbuzim boten sich als Kompromiß zwischen ziviler Siedlung und gleichzeitiger guter Verteidigungsmöglichkeit an. Die Hagana rekrutierte einen Großteil ihrer Mitglieder aus den Kibbuzim, veranstaltete dort geheime Wehrübungen und benutzte sie als Waffenverstecke.
Ein Teil der jungen Kibbuzgemeinschaften lebte, bevor der Jüdische Nationalfonds ihnen eigenen Grund und Boden zuwies, schon Jahre vor der eigentlichen Kibbuzgründung als Gruppe und Kollektiv in den Städten oder in ihrer Nähe. Die Mitglieder arbeiteten in unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, einige von ihnen bildeten Arbeitsregimenter, indem sie als arbeitende Gemeinschaft von Ort zu Ort zogen, um z.B. Häuser zu bauen und das Land zu entwickeln.
Auch die Gründung der Histadrut, des israelischen Gewerkschaftsverbandes, geht auf diese Zeit und die Initiative der Kibbuzbewegung zurück.
Weitere Konflikte
Zu Beginn der dreißiger Jahre verschärfte sich der Konflikt zwischen der arabischen Bevölkerung (den Palästinensern) und der immer größer werdenden Zahl von jüdischen Einwanderern, die ihre Wohnorte in Mittel- und Osteuropa, besonders in Deutschland, aufgrund der brutalen antisemitischen Übergriffe verlassen mußten. Die Jewish Agency betrieb den Landkauf jetzt in großem Maßstab. Ländereien wurden arabischen Großgrundbesitzern zu einem Spottpreis abgekauft und viele arabische Pächter und Kleinbauern auf diese Weise vertrieben. 1936 brach ein Aufstand der palästinensischen Araber gegen die jüdischen Siedlungen, vor allem die Kibbuzim, aber auch gegen die britische Mandatsregierung aus. Die Kibbuzverbände entwickelten daraufhin die als »Turm- und Palisaden«-Bewegung (»Tower and Stockade«-...) bekannte Strategie: ein schwer bewachter Konvoi brachte innerhalb kürzester Zeit alle zur Einrichtung einer Siedlung notwendigen Bauteile an den vorgesehenen Ort, innerhalb weniger Stunden wurden die vorgefertigten Palisadenzäune und Wachtürme aufgerichtet, so daß bei Einbruch der Dunkelheit ein gut zu verteidigendes Lager entstanden war, dessen bewaffnete Einwohner erhebliche taktische Vorteile hatten. In den dreißiger und vierziger Jahren entstanden viele Kibbuzim, die Einwanderer aus dem von Nazideutschland besetzten Europa aufnahmen. Ab 1937 allerdings bremste die britische Mandatsregierung den Einwandererstrom, um den Konflikt zwischen Juden und Arabern nicht noch weiter zu verschärfen. Das Zurückweisen von Schiffen mit jüdischen Flüchtlingen an Bord stieß allerdings in der Weltöffentlichkeit auf völliges Unverständnis. In dieser Zeit waren die Kibbuzniks aktiv an der Förderung der illegalen Einwanderung beteiligt.