Ausbildungsabbruch ohne weitere Berufschancen
Lehrlinge mit Schwierigkeiten in der Ausbildung
Wie so oft im Leben merken manche auch in der Ausbildung, dass etwas nicht stimmt. Manchmal sind es mobbende Kollegen, manchmal ein jähzorniger Chef, manchmal die Tatsache, als billige Arbeitskraft ausgenutzt zu werden … und manchmal trotz der "perfekten" Ausbildung das nagende Gefühl der Unzufriedenheit.
Etwa ein Viertel der deutschen Lehrverträge geht frühzeitig zu Ende, meist nach Wunsch des Azubis. Eine hohe Abbrechquote entdeckt man meist in Betrieben mit niedrigem Ausbildungsniveau, wenn Lehrlinge sich als billige Hilfsarbeiter fühlen. In anderen Fällen weicht der Beruf zu stark von der Vorstellung des Auszubildenden ab. Lehrlinge zwischen 21 und 25 Jahren beenden zu fünfzehn Prozent ihre Lehre.
Allein in Baden-Württemberg bricht jeder fünfte Lehrling seine Ausbildung frühzeitig ab, wodurch viele Jugendliche ins berufliche Nichts geraten. Heutzutage erschweren viele Faktoren die Lehrstellensuche bzw. die eines späteren Arbeitsplatzes, so daß einem Drittel dieser Abbrecher den Einstieg in Job oder wahlweise Schule vermutlich nicht mehr gelingt. Die Zahlen schwanken jedoch: Die Handwerkskammer Freiburg errechnete eine Abbruchquote von nur zehn Prozent und argumentierte, dass nur fünf Prozent aller Lehrlinge für immer aus dem Handwerk ausscheiden würden.
Das Stuttgarter Sozialministerium fördert seit einigen Jahren Modellprojekte, um Jugendliche am Ausbildungsabbruch zu hindern, da bei vierzig Prozent der völlig aus dem Ausbildungssystem ausscheidenden Jugendlichen die gescheiterte Erstausbildung schuld ist.
Hauptgründe eines Abbruchs scheinen Konflikt mit dem Chef sowie die mangelnde Vermittlung der Ausbildungsinhalte. Noch vor vier Jahren fühlte sich jeder fünfte unterfordert und jeder fünfte überfordert.
Bereiche mit hohen Abbruchquoten sind Hotelgewerbe und Gaststättengewerbe, wohingegen in Verwaltungsberufen kaum jemand vorzeitig seine Sachen packt.
Hilfe bei Problemen in der Lehre - keine voreilige Kündigung
Viele Azubis sind dann mit der Kündigung (zu) schnell bei der Hand, obwohl es davor einiges zu bedenken gilt. So sehe man sich am besten vor der Kündigung nach einem neuen Ausbildungsplatz um, um anschließend nicht im Leeren zu stehen. Zu lange sollte man jedoch nicht zögern, denn nach einer Weile ist der Zug abgefahren. In der vierwöchigen Probezeit zu Ausbildungsbeginn können beide Seiten ohne Frist kündigen. Anschließend ist eine Kündigung nur mit Kündigungsfrist oder fristlos bei bedeutendem Grund möglich. Zudem ist es nach wenigen Wochen leichter, sich noch rasch in einen neuen Beruf einzuarbeiten, als wenn man gleich den Stoff einiger Monate nachholen müsste.
Oft ist eine Kündigung jedoch gar nicht vonnöten, da sich das Problem im Betrieb auch anders lösen lässt.
Bei einem Viertel der Abbrüche gab es kein Gespräch. Zwar bieten die IHKs einen Schlichtungsausschuss an, aber der wird meist zu spät kontaktiert. Auch Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit (Arge) bemühen sich, die Jugendlichen zu einer Weiterführung der Lehre zu animieren, wobei bei denen, die sich bei der Arge melden, die Entscheidung längst vorbei ist.
Junge Erwachsene mit Ausbildungsproblemen lernen in Seminaren, eine Lösung zu finden. Vor zwei Jahren noch war von den 645 Teilnehmern ein Viertel abbruchgefährdet, was der Kurs auf zehn Prozent senkte (diese beendeten ihre Lehre auch tatsächlich).
Als neuer Ansatz soll nun bereits vor Ausbildungsbeginn mit der Abbruchvorbeugung begonnen werden, damit die berufliche Orientierung mit mehr Realitätssinn erfolgt.
Auch eine Unterstützung der Abbrecher bei der Rückkehr in die Berufswelt ist geplant, denn schließlich betrifft die hohe Abbruchquote auch den Arbeitsmarkt.
Der Lehrling rentiert sich erst im zweiten oder dritten Jahr für das Unternehmen, so dass es davor bei teuren Ausbildungen tausende von Euros investiert.
Je mehr Abbrüche, desto weniger angebotene Lehrstellen sowie Toleranz gegenüber Jugendlichen – der altbekannte Teufelskreis.
Übrigens haben Mädchen offenbar seltener Freude an ihrer Ausbildung als Jungen. Vierzig Prozent weiblicher Azubis gaben an, keinen Spaß an der Lehre zu haben. Auf Jungs traf dies nur zu 28 Prozent zu.