Aufdringliche Werbung im Online-Netzwerk
Ärger mit StudiVZ
Soziale Kontakte im Internet auf harmlosen Seiten?
Große Entrüstung löste vor einiger Zeit das Verhalten des Homepagebetreibers von "Studi VZ" aus (Holzbrinck-Verlag), einem Online-Netzwerk (nicht nur) für Studenten, auf dem sich das private Profil verwalten und mit Freunden quatschen lässt. Über 2,5 Milliarden monatliche Klicks von 3,5 Millionen aktiven Mitgliedern hatten es es auf der deutschen Klickliste ganz oben stehenlassen.
Die vier Millionen Mitglieder erhielten eine elf Seiten lange Benachrichtigung über neue Geschäftsbedingungen. So möchten die Betreiber ihren Mitgliedern Werbung zusenden, und zwar nicht irgendeine, sondern persönliche, die sich dank der Nutzerprofile leicht auf den Betroffenen zuschneidern lässt. Max Mustermann interessiert sich für Filme von Stephen Spielberg? Aha, dann hat er sicher Lust, auch seine Biographie zu kaufen.
Geworben werden sollte nicht nur auf den Seiten, sondern auch per Mail, Chat und SMS. Die letzten beiden Punkte nahm StudiVZ aufgrund der Protestwelle freilich zurück.
Als sei Werbung nicht genug, fanden sich in den neuen Geschäftsbedingungen auch Klauseln zur Weitergabe der Nutzerdaten an Außenstehende. Ein merkwürdiges Zusammentreffen mit der Tatsache, dass bei einer Abmeldung einzig das Konto verschwinden, die Daten jedoch weiterhin gespeichert sein sollten. Sicher, auch in diesem Punkt überarbeiteten die Betreiber ihre Neuerungen inzwischen, so dass eine Abmeldung nun einer Löschung gleichkommt.
Dennoch fand sich weiterhin die Passage, dass StudiVZ Daten zum Präsentieren bzw. Präsentieren-Lassen individueller Werbung auswerten dürfe, worin viele eine Datenweitergabe an Dritte vermuten.
Jeder Studi-VZ-Kunde hat die Möglichkeit zum Widerruf jeder einzelnen Werbung. Zudem gebe es laut Betreiber keine Datenweitergabe an Dritte. Das Verhalten der Mitglieder spricht dem Hohn, denn viele gaben sich Spitznamen wie "SchnüffelVZ" oder schränkten die Sichtbarkeit ihrer Angaben ein. 45 000 traten ganz aus.
Wer sein Konto weiterhin erhalten wollte, hatte in die neuen Geschäftsbedingungen einzuwilligen, obwohl dem Gesetz zufolge Dienstleistungen keine Zustimmung zu zweckfremder Datenverwendung erfordern.
Mittlerweilse hat die Webseite noch mehr Mitglieder wegen des Konkurrenten Facebook verloren. Wer heute Mitglied eines sogenannten "Sozialen Netzwerks" werden will, wählt lieber eine international ausgerichtete Seite als eine nationale.
Dasselbe Theater gibt´s mit Facebook, nach dessen Vorbild die Gestaltung von StudiVZ erfolgte. Die Amerikaner zeichneten das Kaufverhalten ihrer Mitglieder auf und setzten deren Kontakte darüber in Kenntnis, was natürlich zu großer Empörung führte. Was geht es denn den Cousin an, dass man sich ein Buch über künstliche Befruchtung bestellte?
Zwar stand Facebook von diesem Vorgehen ab, doch nur, wenn ein Mitglied selbst aktiv wurde und es abwählte - so wie bei StudiVZs Werbung.
Inzwischen richtet sich das Augenmerk der Öffentlichkeit auf den "Gefällt mir"-Button über den Facebook Daten einsammelt.
Wie deutlich zeigt dies, dass das Internet nicht mehr harmlose Plauderecke blieb, sondern auch hier die Wirtschaft einzog ...
Das Internet ist eine einzige Falle, hinter jeder Ecke blinkt´s "Kauf mich".
Doch egal ob StudiVZ oder Facebook, eins haben diese Portale gemeinsam: Sie ermöglichen sozialen Kontakt. Statt in Foren Wildfremde zu treffen, vermag man hier nach Leuten mit ähnlichen Interessen zu suchen. Man macht das nächste Treffen ab, veröffentlicht Fotos der Strandparty und gibt viel Privates preis. Im Eifer des Gefechts rutscht eben schon mal was raus, was man eigentlich gar nicht im Internet stehen haben wollte. Als Schüler führt das noch nicht zwingend zu Schwierigkeiten, doch wenn der künftige Brötchengeber den eigenen Namen googelt, bringen Online-Treffpunkte doch manchen in die Bredouille!
Wer also später einen seriösen Eindruck erwecken möchte, lasse lieber die Finger vom Internet.