Studienparadies Nachbarland?
Österreichische Hochschulen gefragt
Studium ohne Numerus clausus und Studiengebühren
Numerus clausus und Studiengebühren sind zwei große Hindernisse für künftige Studenten. Was sollen sie also tun, um beiden Übeln aus dem Weg zu gehen? Ganz einfach: "Ab ins Ausland", heißt die Devise, zu den netten Österreichern. Das lohnt sich, weil alle Studienleistungen in Deutschland anerkannt werden.
Nebenbei sind Österreicher freundlich, begegnen den ausländischen Studenten nicht mit Vorurteilen, sprechen Deutsch … Und Österreich ist ein schönes Land.
Schon seit Jahren strömten deutsche Studenten nach Österreich, da dort in vielen Fächern kein Numerus clausus vorgeschrieben ist. So brauchen schlechtere Abiturienten nicht jahrelang auf ihr Wunschstudium zu warten.
Zugenommen hat die "deutsche Studentenflut" mit dem Wegfallen der Studiengebühren. Nun braucht man für das Studium im Nachbarland auch nichts mehr zu bezahlen, während Studenten in Deutschland in die Tasche greifen müssen.
Inzwischen trifft man an manchen österreichischen Hochschulen (z.B. den Unis in Innsbruck und Wien) mehr Deutsche als Österreicher an. Zur Jahrtausendwende betrug die Quote der Deutschen an Österreichs Studentenzahl noch 2,6 Prozent. Binnen neun Jahren sprang sie auf 7,3 Prozent. In Salzburg, in der Nähe der Grenze, stellen Deutsche drei Viertel der Psychologiestudenten und fünfzig Prozent der Publizistikstudenten.
Das ist gegenüber den Österreichern natürlich nicht ganz fair. Sie bezahlen durch ihre Steuern das Studium der Einheimischen ebenso wie das der Ausländer. Die Einheimischen erbringen ihnen dafür Gegenleistungen, sobald sie Einkünfte haben. Die Ausländer hingegen verschwinden wieder und lassen ihr Gehalt im Heimatland besteuern. Die Österreicher haben also wenig davon, außer einem Haufen Ausgaben.
Sicher sollte jedem Studenten ein Auslandsstudium vergönnt sein. Die Frage ist allerdings, ob die Deutschen tatsächlich an Österreich als "Ausland" interessiert sind, oder ob ihnen mehr an dem kostenlosen Studium und dem oft nicht vorhandenen Numerus clausus liegt.
Freilich, viele Österreicher studieren auch in Deutschland. Im Moment halten sich die Zahlen ungefähr die Waage. Doch da Deutschland zehn Mal so groß ist wie sein Nachbar, ist die Belastung der Hochschulen durch die Ausländer dort eben auch geringer.
Der Ansturm der Deutschen kann böse Auswirkungen auf das "Studienparadies Österreich" haben. Zur Eindämmung der Flut deutscher Studenten sind Studiengebühren im Gespräch. Viele Österreicher halten sie für die einzige Möglichkeit, um die Deutschen wieder loszuwerden.
Eine Zulassungsbeschränkung für (deutsche) Ausländer wäre denkbar, ist in der EU jedoch verboten. Stattdessen böte sich eine Zulassungsbeschränkung in den Fächern an, in denen in Deutschland ein Numerus clausus vorgeschrieben ist.
Alternativ könnte man in ganz Europa die Regelung einführen, dass jeweils das Heimatland die Kosten seiner ausländischen Studenten trägt. Das würde jedoch zu heftigen Klassenkonflikten führen: Warum sollte die Regierung ein Studium in Oxford bezahlen, wenn Studenten im eigenen Land billiger sind?
In der Times-Liste der besten Universitäten der Welt liegt die Uni Wien übrigens erst auf Platz 132. Sie ist die einzige Uni aus Österreich, die es unter die ersten zweihundert Plätze geschafft hat. Nachteil ist offenbar das prozentuale Verhältnis zwischen Dozenten und Studenten, denn die Unis sind ganz schön voll.