Halbtags oder Vollzeit?
Alle Möglichkeiten ausprobieren!
Das es nicht leicht ist in London einen Job zu finden war mir schon klar. In Wirklichkeit war es aber noch problematischer als ich es mir vorgestellt hatte. Bei meiner Jobsuche kam noch erschwerend hinzu, daß ich nur nachmittags Zeit hatte, viele Halbtagsjobs wurden für morgens angboten. In der ersten Zeit habe ich mich nur auf eine Sache konzentriert. Ich wollte sehr gerne in einem Kino oder in einem Theater arbeiten. Ich bin ein ziemlicher Dickkopf, und muß immer dursetzten, was ich mir in den Kopf gesetzt habe. Ich gebe nicht auf, bis ich erreicht habe was ich will. Das war in diesem Fall allerdings ein großer Fehler, daß ich nicht flexibel genug war, mich auch nach anderen Jobs umzusehen. Es war ohnehin schon schwer genug, überhaupt etwas zu finden.
Ich hatte in einem Buch über Großbritannien gelesen, wer dort Arbeit sucht, solle direkt hingehen und nach Arbeit fragen. Genau das habe ich auch gemacht. Es ist zwar die übliche Methode, aber leider hatte ich keinen Erfolg damit. (Übrigens wer sich bewirbt, sollte immer bedenken, man möchte ja aus der Gruppe der Bewerber herausstechen, es kommt oft gut an, wenn man es anderes macht als die Masse. Das kommt aber auf das einzelne Unternehmen an. Einfach alle Möglichkeiten ausprobieren).
Ich bin zum Londoner West End gefahren, zu den Kinos hingegangen und habe nach Arbeit gefragt. Es war nichts zu machen. Jobs gab es nicht, statt dessen mußte ich mir anhören es werden gerade Leute entlassen. Die Kinos, die ein wenig weiter außerhalb lagen, habe ich angerufen. Nur bei einem Kino, dem Odeon High Street Kensington, gab es Hoffnung. Ich sollte einen Bewerbungsbogen ausfüllen. Man sagte mir, man werde sich melden, aber vergebens. Schon bald war diese Hoffnung wieder zerstoben. Ich habe nie wieder etwas von dem Kino gehört.
Ein paar Mal habe ich mich im Jobcentre umgesehen. Wenn ich Karten fürs Musical gekauft habe, was aus Kostengründen nicht oft vorkam, habe ich auch immer nach einem Job gefragt. Bei den Theatern funktionierte das aber überhaupt nicht, hingehen und fragen. Beim Apollo Victoria, beim Dominion Theatre und beim New London Theatre sagte man mir, ich solle mich schriftlich bewerben. Etwas später habe ich noch bei anderen Theatern nachgefragt, alle verlangten eine schriftliche Bewerbung.
Bewerbungen, Bewerbungen, Bewerbungen
In den ersten Monaten habe ich mich noch nicht so intensiv um einen Job gekümmert. Als ich mich dann beim Apollo Victoria Theatre schriftlich beworben habe, war ich schon fast drei Monate in England. Im Apollo Victoria Theatre läuft übrigens seit über zehn Jahren der "Starlight Express". Es war kurz vor Weihnachten, und es wurden für die Weihnachtszeit auch Leute gesucht. Aber leider hatte ich über Weihnachten schon einen Flug nach Deutschland, also wurde daraus auch nichts. Die Front-of-house-Managerin sagte mir, sie würde meine Unterlagen behalten, und sich melden wenn im Januar eine Stelle frei würde. Auf diesen Anruf bzw. Brief warte ich heute noch....
Es ist oft üblich, daß einem mitgeteilt wird: Wir haben im Moment leider keine freien Stellen, aber wir behalten die Unterlagen und melden uns wenn etwas frei wird. Ich habe nie Bewer-bungsunterlagen zurück-bekommen. Ob es wirklich Wartelisten gibt, oder die Unterlagen in den Müll wandern weiß ich nicht. Es hat sich jedenfalls nach so einem Schreiben nie wieder jemand bei mir gemeldet. Es kommt auch vor, daß man man nach einer Bewerbung gar nichts hört, und nicht einmal eine Absage bekommt.
Nach Weihnachten wollte ich auf jeden Fall einen Job, ich habe mich auch verschärft darum gekümmert. Es war einige Zeit vergangen, seit meiner "Walk-In Jobsuche", also habe ich noch mal mein Glück bei den Kinos versucht. Zu zehn bin ich persönlich hingegangen, und es waren mindestens noch mal zehn die ich angerufen habe.
Ein Kino suchte tatsächlich gerade einen Customer Service Assistant. Am nächsten Tag war ein "Open Interview" zu dem ich hinging. Es waren 15 bis 20 Leute da. Jeder Bewerber mußte zuerst einen Bewerbungsbogen ausfüllen. Diese Bogen sehen immer gleich aus, und unterscheiden sich nicht von deutschen Bewerbungsbögen.
Nach einer kurzen Weile kam die für dieses Interview zuständige Managerin, Ms. English. Sie stellte kurz sich und eine Kollegin, die ihr behilflich war, vor. Dann hielt sie eine Art Ansprache, sie fing an mit: "Wir beim Odeon betrachten uns als die Besten, und aus diesem Grund stellen wir auch nur die Besten ein. Wir legen sehr viel Wert auf Pünktlichkeit, und wer Probleme hat, pünktlich zu sein der sollte sofort wieder gehen." Das selbe galt auch für die Arbeitszeit, es wurde jemand gesucht der Abends und an den Wochenenden arbeitet, Freitags und Samstags bis ein Uhr nachts. Wer das nicht konnte oder wollte sollte gehen. Es ging niemand. Ms. English erzählte noch was man als Customer Service Assisatnt zu tun hatte, das für´s erste nur jemand für zwei Monate eingestellt würde, und wieviel man pro Stunde bekommen würde. (Dafür das sie nur die Besten wollten, war die Bezahlung ziemlich mies). Ein Customer Service Assistant muß alles machen: Platzanweiser, Gäste begrüßen/ verabschieden, Kinos sauber machen, usw. Ms. English kam wieder darauf zurück, daß das Odeon das beste Kino ist (in den Träumen der Manager ganz bestimmt!). Aber nicht nur das sie die Besten sind, nein dieses Odeon war noch besser als die übrigen Besten, weil es das Odeon Leicester Square ist und deshalb ein Vorbild für die anderen Odeons. Also sozusagen das Super-Beste unter den Besten.
Nach diesem Vortrag hatte jeder Bewerber ein kurzes Gespräch mit Ms. English oder ihrer Kollegin. In dem Gespräch wurden erst Fragen aufgrund des Bewerbungsbogens gestellt. Ein kurzes Beispiel: Man trägt ein welche Schulen man besucht hat, und wird dann gefragt ob man auch wirklich zu dieser Schule gegangen ist. Danach wurden mir noch andere Fragen gestellt, z. B. ob ich Probleme damit hätte fünfmal am Tag den gleichen Film zu sehen (es ist in England üblich das die Platzanweiser während der Vorstellung im Saal bleiben), ob es mir etwas ausmacht in einem vollen Kino vor allen Leuten ein paar Worte zu sagen, und was man macht wenn in einem vollen Kino jemand ohnmächtig wird. Die Fragen habe ich dann zur allgemeinen Zufriedenheit beantwortet, nur eins hat sie gestört: Ich hatte keine National Insurance Number.