Vielfältiger Stausee ...
Trinkwasser, Abwasser, Fischereigründe und Badeort in einem See
Schließen möchte ich diesen Bericht mit einer Beschreibung des „Guapomós“, des Stausees der Stadt, der zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Osten des Dorfes angelegt wurde. Hier wird in gleichem Maße Wäsche gewaschen, Trinkwasser entnommen, gebadet, Abwasser eingeleitet und gefischt, so dass der Wasserspiegel einerseits in den letzten Jahren sehr abgesunken ist, der See andererseits verschmutzt und durch übermäßiges Nahrungsangebot sehr zugewachsen ist. Trotzdem sind zum Beispiel die Sonnenauf- und Untergänge ein einmaliges Naturschauspiel und nicht ohne Grund existiert das Sprichwort „Quién tomó el agua del Guapomó siempre volverá“ (Wer das Wasser des Guapomós getrunken hat, wird immer wieder zurückkehren). Bereits um vier Uhr morgens kann man sich aus ausgehöhlten Baumstämmen gefertigte Boote ausleihen, um auf den See hinauszufahren:
Eine Atmosphäre die bezaubert
Einmal radelte ich mit Schwester Ana Luisa in der Morgendämmerung durch das schlafende Dorf zur Anlegestelle, begleitet durch das verfrühte Krähen eines einzelnen Hahnes und das Zwitschern einiger weniger Vogelarten. Zu unseren Füßen breitete sich der See wie eine glatte, grau-blaue Spiegelfläche aus, die sich kaum von den dunklen Umrissen der dichten Ufervegetation abhob. Lautlos ließen wir uns auf einen gestrandeten Baumstamm nieder, die Augen erwartungsvoll dem unsichtbaren Horizont zugewendet. Erde und Himmel schienen zu einer grauschwarzen, untrennbaren Suppe verschmolzen zu sein, die ein Gefühl der Zeit- und Raumlosigkeit verlieh und unser Schweigen mit nächtlichen Traumwelten anfüllte. Langsam und fast unmerklich hob sich der dunkle Vorhang der Nacht und die noch unsichtbare Sonne verfärbte den Himmel von grauschwarz zu einem blässlichen orange, bis ein blutroter Feuerball am Horizont erschien und den umgebenden Himmel mit roter Farbe tränkte. Die uns einhüllende Natur erwachte im Angesicht des neu geborenen Tages zum Leben: Vereinzelte Vogelrufe vereinten sich bald zu einem unüberhörbaren Gesangsteppich, zu dem sich das geschäftige Summen zahlreicher Insekten mengte, die ihr Tagwerk begannen. Bald wurde das Spiegelbild der aufgehenden Sonne im schlafenden See durch kreisförmige Wellen gemustert, als Wasserläufer und Fische die makellose Wasseroberfläche aus ihrer gläsernen Versteinerung weckten. In Minutenschnelle kletterte die Sonne am Himmelszelt empor und schüttelte den roten Mantel wie ein altes Gewand ab, bis sie schließlich ihr gelbes, majestätisches Antlitz über die Erde beugte und den säumenden Palmenwald in dunstiges gelblich-weißes Licht hüllte.
Langsam erwachten wir aus unserer Starre und streckten die ruhenden Glieder; dann erhoben wir uns, um das Boot ins Wasser zu schieben und in den neuen Tag zu fahren.
Wohl in Erinnerung an einen solchen Sonnenaufgang schrieb ein Dichter einst: „Empezar cada día con un amanecer brillante en el corazón.“ (Jeden Tag mit einem strahlenden Sonnenaufgang im Herzen beginnen).