Unterrichten als Hauptaufgabe im Sozialen Jahr
Jeden Tag aufs Neue Fähigkeiten wie Geduld und Spontaneität nötig
Ein sehr prägendes Merkmal ist das fehlende Unterrichtsmaterial: Weder die Schule noch sonst eine Einrichtung in der Stadt besitzt eine vernünftige Bibliothek, um den Schülern selbstständiges Erarbeiten und Nachschlagen zu erlauben. Auch sind nur wenige Bücher als Klassensätze vorhanden, und dabei handelt es sich meist um (illegal) angefertigte Fotokopien; allenfalls wird den Lehrern das einzige vorhandene Exemplar eines bestimmten Lehrbuches zur Vorbereitung des Unterrichts zur Verfügung gestellt. Eine englische Grammatik, ein Musikbuch oder eine Schülerenzyklopädie habe ich vergeblich gesucht, etwaige literarische Werke sind so gut wie gar keine vorhanden. Die meisten Familien können sich Schulbücher nicht leisten, so dass das eigenständige Vertiefen oder Nacharbeiten eine unmögliche Forderung ist; zumal die Häuser der meisten Familien so klein sind, dass viele Schüler gar nicht die Möglichkeit haben, in Ruhe zu Hause zu lernen.
Die meisten Lehrer unterrichten daher mit Hilfe von Tafelanschrieben und Fotokopien (die Schule besitzt einen eigenen Kopierer). Die vorhandenen Bücher sowie ausgeteilte Fotokopien wissen die Schüler sehr wohl zu schätzen und gehen damit wirklich gut um (eine erholsame Erfahrung, da mir von meiner deutschen Schule her der sehr nachlässige Umgang mit dem Unterrichtsmaterial in Erinnerung geblieben ist).
Sicherlich ist schon deutlich geworden, dass mir der Unterricht eigentlich kaum Zeit für andere Dinge lässt, da die einzelnen Stunden ja auch vorbereitet werden müssen. Dennoch bin ich sehr dankbar, mit so vielen Kindern und Jugendlichen in Kontakt sein zu dürfen, auch wenn bei weitem nicht immer alles so läuft, wie ich es vorher geplant hatte. Auf jeden Fall fordert die Arbeit jeden Tag aufs Neue menschliche Fähigkeiten wie Geduld und Spontaneität; ich glaube, vor allem in diesem Sinne ist mein Aufenthalt eine sehr wertvolle und schöne Erfahrung.
Im Hause der Missionare haben sich seit Januar durch den Besuch der Superioren der Missionare einige Veränderungen ergeben: Schwester Ana Luisa wurde nach La Paz versetzt, um dort als Direktorin in einer Schule zu arbeiten. Insgesamt vier „Neue“ (Bolivianerinnen) traten in die Gemeinschaft ein, außerdem kamen dann noch Schwester Mónica aus La Paz und Schwester Luisa aus Bogotá an, so dass ich jetzt mit neun Missionarinnen aus vier verschiedenen Ländern zusammenlebe. Angesichts eines derartigen Wachstums vermachte der Bischof den Missionaren die andere Hälfte des ehemaligen Franziskanerklosters, womit das gesamte Gebäude jetzt der Schwesternschaft gehört. Es sind dann noch drei Brüder (ein Spanier, ein Argentinier und ein Peruaner) eingezogen, die in der Stadt eine weitere Schule leiten und vor allem die Vergrößerung der Universität zur Aufgabe haben.
Mir gefallen diese Veränderungen ziemlich gut, da es sehr interessant ist, mit so vielen Menschen unterschiedlicher Länder zusammenzuleben (trotz gemeinsamen „Spirit“ bleibt der kulturelle Unterschied ja bestehen) und durch die gemeinsame Arbeit kennen zu lernen. Zusammen mit Schwester Mónica und Bruder Miguel habe ich seit Februar die Leitung der Jugend übernommen, zusammen mit Schwester Olga führe ich die Idente-Gruppe der etwas Jüngeren fort, und Schwester Leddy und Schwester Karen sind nun für die Kindergruppe zuständig.
Hier gibt´s Näheres zu Freiwilligendiensten.