Zweiwöchige Festlichkeiten
Geschichte der Schule
Direkt am Montag nach Beendigung der Jugendspiele (5. April) begannen die zweiwöchigen Festlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des „colegio Rosenhammer“. Das „colegio“ wurde von Bischof José Calasanz Rosenhammer im Jahre 1979 als katholisches „colegio de convenio“ (eine Schule, die durch ein Abkommen zwischen Staat und Kirche gegründet und erhalten wird) gegründet; erst jahre später hat es die Schwesternschaft in einem erbärmlichen Zustand übernommen und es so vor der Schließung bewahrt, da sich keiner der potenziellen Direktoren nach der Pensionierung der vorherigen Direktorin bereit war, gegen die bestehenden Probleme (Drogenkonsum, Gewalt, ärmlichste Schulgebäude, fehlendes Schulmaterial, Kriminalität) anzugehen. Inzwischen haben die Schwestern eine Partnerschaft mit einem deutschen Gymnasium aufgebaut und erhalten durch regen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Projekte regelmäßige materielle und moralische Hilfe, die schrittweise zur Verbesserung des Schulgebäudes und der Schulausstattung beigetragen haben. In diesem Jahr hat das Gymnasium sogar Schwester Elsa und zwei weitere Lehrer für einen dreiwöchigen Besuch nach Deutschland eingeladen, um die Partnerschule kennen zu lernen und an einem Friedensmarsch teilzunehmen, dessen Erlöse unter anderem dem „colegio Rosenhammer“ zu Gute kommen sollten. Seit einigen Jahren schickt das Gymnasium über die Organisation Sofia e. V. Abiturienten nach zu der Schwesternschaft, die dort als Lehrer im colegio arbeiten und so ihren Zivildienst ableisten. Mein Arbeitskollege Frederik ist zum Beispiel über diese Verbindung nach Bolivien gekommen. Auf Dauer ist auch geplant, bolivianische Schüler an das Gymnasium in Deutschland zu schicken und dem Austausch so eine gegenseitige Basis zu geben.
Tag der Wissenschaften - „Feria de sciencias“
Für Dienstag war dann eine „feria de sciencias“ (ein „wissenschaftlicher Bazar“) geplant, in dessen Rahmen alle Kurse verschiedene Projekte der wissenschaftlichen Unterrichtsfächer Biologie, Physik und Chemie vorstellten. So konnte man auf dem Vorplatz der Schule Versuche zum PH-Wert, Modelle tierischer und pflanzlicher Zellen, elektrische Schaltkreise und Infotafeln über die Vegetationszonen Boliviens bewundern. Höhepunkt war eindeutig ein Miniaturvulkan, den ein Zehnerkurs mit Hilfe ihrer Chemiekenntnisse zu naturgetreuen Ausbrüchen veranlassen konnte. Eine achte Klasse hatte außerdem eine Ampel nachgebaut und verteilte Infozettel über das korrekte Verhalten im Straßenverkehr, da ein Großteil ihrer Schulkameraden noch nie eine Ampel gesehen hatte (in der Stadt gibt es nämlich keine, und die nächste Großstadt Santa Cruz haben nur wenige besucht). Leider zeigte sich auch hin und wieder, dass die seit einigen Jahren in ganz Bolivien praktizierte Schulreform nach dem Konzept „learning by doing“ nicht selten für erhebliche Wissenslücken sorgt: Statt die Schüler wie bisher die vorlesungsartigen Stunden der Lehrer mitschreiben und auswendig lernen zu lassen (mündliche Teilnahme spielt in bolivianischen Schulen fast gar keine Rolle), wird nun in Form von Projekten unterrichtet, im Rahmen derer sich die Schüler das Wissen fast vollständig selbst erarbeiten. Nur selten erhalten sie Feedback von den Lehrern, und zu einigen Themen ist aufgrund der mangelnden Informationsquellen wie Büchern und Internet fast kein Arbeitsmaterial vorhanden. So konnten mir die Biologieschüler der zwölften Klasse ihre Zellenmodelle mit spannend klingenden Fachwörtern benennen, aber welche Funktion ein Zellkern oder die DNA hat, war ihnen nicht bekannt.
Freier Eintritt ins Schwimmbad
Am Mittwoch stand dann neben einer Gemeinschaftsaktion zur Säuberung der Schule ein Besuch des örtlichen Schwimmbads an, welches dem Bistum gehört und mit fünf Bolivianos (etwas mehr als 50 Cent) für viele Menschen einen kaum erschwinglichen Eintritt verlangt. Der Bischof hatte zur Feier des Schuljubiläums allen Rosenhammerschülern freien Eintritt gewährt, so dass die Oberstufenschüler einen ganzen Vormittag und die Unterstufenschüler den Nachmittag im Schwimmbad verbringen konnten. Hinterher habe ich erfahren, dass unter den Schülern der Oberstufe sogar Wetten abgeschlossen worden waren, ob die Tomatenbarby sich wohl ins Wasser trauen würde; diese Schüler müssen wohl enttäuscht gewesen sein, dass ich als Aufsicht nur für den Nachmittag eingeteilt wurde und sie meine „piel de yuka“ (Yukafarbene Haut, Yuka ist eine sehr stärkehaltige Knolle, die nach dem Schälen hellweiße Farbe hat; sie wird in ganz Südamerika viel gegessen und ähnelt der Kartoffel) nicht zu Gesicht bekamen.
Am Nachmittag bin ich dann sehr wohl mit schwimmen gewesen, und es war für mich eine ganz eigenartige Erfahrung, die Freude der Kinder an einem simplem Schwimmbadbesuch mit zu erleben. Diesen Kindern kann man mit so einfachen Dingen noch so viel Freude bereiten, dass mir im Vergleich die konsumgesättigten Kinder der westlichen Welt trotz materiellen Vorsprungs nicht als die glücklicheren erscheinen. Ich verbrachte fast vier Stunden damit, mit den Kindern zu tauchen, sie auf den Schultern durch das Schwimmbad zu tragen und ihnen erste Schwimmbewegungen beizubringen und hatte hinterher das Gefühl, das ich in diesem Schwimmbad einige der zeitlosesten Stunden meines Lebens verbracht habe.