Jugendspiele in Bolivien

Jugendspiele fördern Stolz auf die Schule und Zusammenhalt

Sportliche Leistungen erscheinen wichtiger als akademische Leistungen

Schüler und Lehrer des Rosenhammers berichteten mir, dass erst seit kurzem ein gewisser Stolz seitens der Jugendlichen besteht, Rosenhammer-Schüler zu sein. Noch vor einigen Jahren hatte die Schule einen so schlechten Ruf, dass sich Schüler ihrer schämten und weder zum Anfeuern noch im Sportteam an den Jugendspielen teilnehmen wollten. Die Spiele wurden sowieso nur von den teuren Privatschulen ausgefochten, die sowohl Geld und Trainer als auch genügend Motivation besaßen, um ihre Schule in den Wettkämpfen zu vertreten. Erst seit einigen Jahren nehmen auch die „ärmeren“ Schulen teil, durchaus mit sehenswerten Erfolgen wie Rekordzeiten in der Leichtathletik und Medaillen in den Ballspielarten. Obwohl sich also die Situation grundlegend verändert hat, so habe ich beim Antreten des Rosenhammers gegen die Privatschule „Austria“ eine gewisse Verklemmtheit der Rosenhammer-Schüler bemerkt, die den Anfeuerungslärm direkt auf die Hälfte zusammen schrumpfen ließ. Schon allein den schillernden Austria-Uniformen sah man an, dass diese Schüler aus völlig anderen Verhältnissen kommen. Auch der Größenunterschied der Sportler fiel auf: Die Schüler des Rosenhammers kommen nach wie vor aus den ärmsten Familien der Stadt, und nur die wenigstens können sich eine ausgewogene Ernährung leisten, so dass sie oft zwei Köpfe kleiner als die Schüler der Privatschulen sind. Ich habe solche Unterschiede zunächst für Gerüchte gehalten, bis ich sie während der Spiele mit eigenen Augen sehen konnte.
Entsprechend hatten unsere Basketball-Jungs trotz harten Trainings und guter Spieltechniken keine Chance, weit aufzusteigen; sie verloren fast alle Spiele. Die Mädchen konnten immerhin den zweiten Platz erringen – nach „Austria“. In seiner eigentlichen Topdisziplin, der Leichtathletik, schnitt der Rosenhammer leider ungewöhnlich schlecht ab, da zwei Schülerinnen trotz der bereits überschrittenen Altersgrenze von 16 Jahren mit gefälschten Geburtsdokumenten teilgenommen hatten und als Strafe eine ordentliche Punktzahl abgezogen wurde. Nur im Fußball konnten die Schüler den ersten Platz bejubeln, womit sie in der Gesamtwertung immerhin noch den dritten Platz erreichten. Die Enttäuschung über den eingebüßten ersten Platz der letzten Jahre war dennoch recht groß.

Akademische Ausbildung ist zweitrangig für viele Lehrer und Schüler

Schwester Elsa teilte mir ihre Sicht der Jugendspiele mit: Einerseits förderten sie den Zusammenhalt innerhalb der Schule und nährten einen wachsenden, durchaus positiven Stolz, Schüler des Rosenhammers zu sein. Außerdem sollte sportliche Betätigung innerhalb der Schulausbildung einen wichtigen Platz genießen. Andererseits werde dem Sport oft wichtigere Bedeutung angemessen als der akademischen Ausbildung, und gute Sportler würden von den Lehrern nicht selten wohlwollend von einem Jahr zum anderen „mitgeschleift“, ohne die erforderten Leistungen zu erbringen. Obwohl Schwester Elsa schon seit Jahren gegen die übermäßige Wichtigkeit sportlicher Leistungen und regelmäßigen Unterrichtsausfall wegen der umfangreichen Trainingseinheiten ankämpft, liegt der Hang zum Sport tief in der ignacianischen Mentalität verwurzelt. Ein guter Sportler kann wertvolle körperliche Arbeit auf dem elterlichen Feld leisten und zum Lebensunterhalt beitragen, gute Noten bringen aber neben einer gewissen Anerkennung seitens der Mitschüler und einem guten Abschluss nicht viel ein. Nur die wenigstens guten Schüler werden ihre akademischen Fähigkeiten später nutzen können, um sich an einer Universität weiterbilden zu können. Recht langsam ist hier eine Mentalitätsänderung zu bemerken.

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