Feierliche Ehrung und Umzüge
Auch die Schwestern verkleiden sich während des „farándula“
Nach den Osterfeiertagen stand am Ostermontag (12. April) ein weiterer „acto cívico“ zur feierlichen Ehrung der Schule an, zu dem der Bischof und weitere wichtige Autoritäten der Stadt sowieso Freunde und Unterstützer geladen waren. Einige engagierte Eltern und Unterstützer erhielten als Dankeschön einen kleinen Silberanstecker mit dem Schulwappen; sogar Frederik und ich bekamen zu unserer Überraschung eine solche Auszeichnung. Obligatorisch wurde natürlich auch die eigens von einem Musiklehrer geschriebene Schulhymne gesungen, und die Krönung stellte dann ein kleines Konzert seitens einiger Geigenschüler dar, die „chovenas“ (typische Tanzmusik des bolivianischen Ostens) spielten. Auch ich wurde gebeten, hier auf einer geliehenen Geige mitzuspielen und habe so unwissentlich mein Engagement im örtlichen Streichorchester „unterschrieben“ (davon werde ich noch später berichten).
Am Dienstag fand eine ganz spezielle Aktion, eine sogenannte „farándula“ (Umzug) statt, zu deren Anlass sich sämtliche Schüler und Lehrer nach zuvor bestimmten Themen als Clowns, Krankenschwestern, Supermen und Blumenmädchen verkleideten; sogar Schwester Elsa ließ sich als respekteinflößender „Zorro“ mit schwarzer Gesichtsmaske und schweren schwarzen Stiefeln verkleiden. In diesen Kostümen zog dann die gesamte Schüler- und Lehrerschaft über drei Stunden singend und tanzend in der prallen Mittagssonne durch die Straßen, begleitet durch begeistertes Klatschen und Zurufen der anliegenden Bewohner, die sich sogar zum Teil dem Zug anschlossen. Einige Schüler hatten einen blumengeschmückten Eselkarren mitgebracht, andere kamen als Cowboys verkleidet auf Pferden dahergeritten. Es herrschte eine derartig fröhliche und ausgelassene Stimmung, wie ich sie kaum für möglich gehalten hätte. Mich hat das freundschaftliche Beisammensein von Schülern und Lehrern, allen voran Schwester Elsa, sehr beeindruckt.
Traditionelle Tänze und Musik haben einen hohen Stellenwert
Schließlich galt es noch, eine letzte Veranstaltung zu Ehren des Schuljubiläums vorzubereiten: Ein Tanzfestival mit internationalen Tänzen, ausgeführt von den Klassen der Unterstufe. Ich wurde gebeten, den Drittklässlern einen typischen Tanz aus meiner Heimat beizubringen und geriet in peinliche Verlegenheit; ich habe während meiner ganzen Schullaufbahn keinen einzigen traditionellen Gruppentanz gelernt, und von deutscher Volksmusik habe ich nun überhaupt keine Ahnung. Diese Bildungslücke konnte ich den Bolivianern aber kaum verständlich machen, da in Bolivien gerade traditionelle Tänze und Musik einen hohen Stellenwert haben und bei jeder Gelegenheit getanzt werden. Aus der Not heraus habe ich mir dann schließlich die Anleitung einer Polka aus dem Internet ausgedruckt und mir von einem österreichischen Freiwilligen die „Zillertaler Schützenjäger“ ausgeliehen. Nach stundenlangem Rumhüpfen ließ sich dann schließlich eines der Lieder mit den Polkaschritten vereinbaren, und ich konnte beginnen, den Tanz mit einer Gruppe von zehn Schülern einzustudieren. Trotz meiner anfänglichen Bedenken klappte das eigentlich recht gut, und die Kinder tanzten ihren Schulkameraden mit viel Stolz ihren „deutschen Tanz“ vor. Zu dem für Sonntag geplanten Tanzfestival konnte ich leider nicht anwesend sein, aber die Kinder berichteten mir hinterher, das Vortanzen habe gut geklappt. Mit Erschrecken habe ich so festgestellt, wie wenig ich eigentlich über meine eigene Kultur weiß und vermitteln kann.
Das Festival stellte zugleich den Abschluss des Schuljubiläums dar und ließ vor allem viele Lehrer erleichtert aufatmen; denn trotz der gut gelungenen Aktionen war wegen der Jugendspiele und des anschließenden Jubiläums über einen Monat nur sporadisch Unterricht gegeben worden, und die Zeit drängte, um die Jahresabschlussnoten zu verteilen.