Organisationsstruktur der Kibbuzim
Der ideelle Anspruch der Kibbuzim - gleiches Recht für alle, keine Privilegien Einzelner - spiegelt sich auch in der Organisationsstruktur.
Die Vollversammlung (Versammlung aller Chawerim, Chawer = hebr. für Kibbuzmitglied) bestimmt die Richtlinien des Zusammenlebens, wählt die Leitung, bestätigt den Haushaltsplan, entscheidet über die Aufnahme neuer Chawerim und überwacht die Tätigkeit der gesamten Gemeinschaft.
Anwärter auf die Mitgliedschaft müssen 1 Jahr warten, bis die Vollversammlung über ihre Aufnahme entscheidet.
In dieser Zeit haben sie die gleichen Rechte und Pflichten wie vollgültige Chawerim. Eine Ausnahme bildet allerdings das aktive und passive Wahlrecht, das ihnen erst nach der endgültigen Aufnahme gewährt wird.
Neue Mitglieder müssen kein Kapital einbringen, aber ihre Einkünfte dem Kibbuz überschreiben. Beim Verlassen der Kibbuz-Gemeinschaft kann jeder seine im Lauf der Zeit erworbenen Privatgegenstände mitnehmen und erhält eine Abfindung.
Wirtschaftlich sind die Kibbuzim genossenschaftliche kooperative Unternehmungen, die in Dachverbänden zusammengeschlossen sind (s. Kibbuz-Verbände).
Wie das Leben funktioniert
Von der Vollversammlung werden auch die Ausschüsse und die verschiedenen Funktionsträger gewählt. Der Sekretär (in größeren Kibbuzim wie ein Bürgermeister), der Wirtschaftsleiter, der Schatzmeister und der Arbeitsminister werden auf ein Jahr gewählt; die ersteren amtieren aber oft bis zu drei Jahren, was durch eine Wiederwahl ermöglicht wird.
Nach dem Prinzip der Ämterrotation soll es nach Ablauf dieser Fristen zu einem Wechsel auf den Posten kommen, was in der Praxis aber nicht immer funktioniert. Nicht jeder ist für Aufgaben geeignet, die sowohl eine hohe Qualifikation als auch einen guten Umgang mit Menschen erfordern. So passiert es, dass solche Ämter mehrmals mit der gleichen Person besetzt werden, auch wenn diese es vielleicht gar nicht will - der Posten bedeutet in der Regel keinerlei Privilegien, eher mehr Arbeit.
Der Kibbuz sorgt für die Befriedigung aller Bedürfnisse des täglichen Lebens; so werden z.B. auch die Mahlzeiten gemeinsam in den Speisesälen eingenommen, die zugleich auch als Kommunikationszentren dienen.
Köche bereiten das Essen zu, während sich bei Hilfstätigkeiten wie Essenauftragen, Abwasch etc. Kibbuzmitglieder und Volontäre abwechseln. Für Wäsche und Kleidung ist ebenfalls gesorgt. Arbeitskleidung erhält der Chawer ohnehin vom Kibbuz. Früher war die gesamte Kleidung Allgemeinbesitz, heute können Chawerim sich ihre Kleidung im Rahmen eines bestimmten Privatbudgets selbst aussuchen. Einige Kibbuzim unterhalten eigene Schneidereien. Meist kauft man sie heute in der Stadt.
Schmutzige Wäsche wird in der Wäscherei abgegeben (auch hier arbeiten Chawerim und Volontäre) und kommt je nach Kibbuz am selben Tag oder am Ende der Woche gewaschen, gebügelt und ausgebessert zurück. Ärztliche Versorgung ist garantiert über die Histradut, die Gewerkschaft. Auch die Unterbringung in einem Krankenhaus ist eingeschlossen.
Für einen arbeitsunfähigen Chawer sorgt der Kibbuz, ohne dass ihm irgendwelche Rechte verlorengehen. Bei Bedarf stellt der Kibbuz auch das Personal für seine Pflege. Die Unterbringung der Kibbuzmitglieder richtet sich nach dem wirtschaftlichen Wohlstand des Kibbuz. In der Regel werden die Chawerim nach einem Punktsystem eingeteilt, das sich nach Dauer der Mitgliedschaft, dem Alter, dem Gesundheits- sowie dem Familienstand richtet. Wohnungen für Alteingesessene in etablierten Kibbuzim enthalten heute zwei Zimmer, Küche, Bad und Vorhalle. Wohnen Kinder bei den Eltern, so gibt es ein bis zwei Zimmer zusätzlich.