Kibbuzverbände
Alle Kibbuzim, abgesehen von wenigen unabhängigen Siedlungen, gehören einem Dachverband an: der Federation of the Kibbutz-Movements in Tel Aviv. Dieser wurde 1963 als Zusammenschluss aller Kibbuzbewegungen gegründet. Aufgabe des Dachverbandes ist ganz allgemein die Vertretung aller Kibbuzim und die Werbung für diese Lebensform in der israelischen und weltweiten Öffentlichkeit sowie die Koordinierung gemeinsamer Aktivitäten der Kibbuzim im wirtschaftlichen, kulturellen und pädagogischen Bereich.
Ziel der einzelnen Mitgliedsverbände war eine Effektivierung der wirtschaftlichen Planung und der damit verbundenen Verhandlungen mit Staatsbehörden und Gewerkschaften. So wurden Einkauf und Absatz von Gütern großen Kooperativen übertragen. Konkret unterstützen die Kibbuzverbände einzelne Siedlungen auf der Basis genossenschaftlicher »gegenseitiger Hilfe« mit Krediten, Investitionen, kulturellen Programmen und Planungsberatung. Auch für zentrale Anliegen der Kibbuzbewegung - etwa historische Dokumentation, wissenschaftliche Untersuchungen über das Kibbuzleben, Bau und Organisation von Schulen, Hochschulen usw. - sorgen die Verbände.
Die vier Mitgliedsverbände stehen jeweils einer politischen Partei nahe, so dass man aus der Verbandszugehörigkeit immer auf die politische Ausrichtung des jeweiligen Kibbuz schließen kann. Eine individuelle Parteimitgliedschaft der einzelnen Kibbuznik ist damit nicht zwangsläufig verbunden. Ein großer Teil der Führungskräfte und Parlamentarier der Arbeiterparteien Israels rekrutiert sich aber aus den beiden großen Verbänden.
* TAKAM / Vereinigte Kibbuzbewegung
Die Vereinigte Kibbuzbewegung (auch »TAKAM« oder »Hatnuah Hakibbutzit Hameuchedet«) vertritt seit seiner Gründung 1979 als Zusammenschluss von Ichud Hikibbuzot we Hakibbuzim und Hakibbuz Hameuchad über 170 Kibbuzim mit rund 83.000 Bewohnern (60 % der Kibbuzbevölkerung), darunter etwa 45.000 Mitglieder bzw. Kandidaten. Sie ist sozialdemokratisch orientiert, steht also der israelischen Arbeiterpartei nahe. Nach ihrer Auffassung ist die Kibbuzbewegung eine Massenbewegung, so dass Fragen des Gemeinschaftslebens und der Weltanschauung häufig hinter dem Ziel des zahlenmäßigen Wachstums zurückbleiben. Lockerungen im Gemeinschaftsleben (Übernachtung der Kinder bei ihren Eltern, stärkere Betonung der Familie usw.) wurden zuerst in Takam-Kibbuzim vollzogen. Die »Takam« unterhält ein voll ausgebautes Erziehungssystem mit Schulen, Oberschulen, Erziehungsberatung usw. sowie ein eigenes Kibbuz-Studienzentrum in Ramat Efal.
** Hakibbuz Haarzi (Hashomer Hazair)
Gegründet 1972 in Haifa und hervorgegangen aus der Hashomer Hatzair-Jugendbewegung (»Die jungen Wächter«), die im Europa der zwanziger Jahre, namentlich in Österreich und Polen, entstand. Ca. 43.000 Bewohner (Mitglieder, Kinder, Jugendliche und Freiwillige) in 86 Kibbuzim. Merkmal dieses Verbandes ist die Gesinnungsgemeinschaft, gegründet auf den drei Prinzipien Sozialismus, Zionismus und Kibbuzideologie. Er trifft daher eine strengere Auswahl bei der Neuaufnahme von Mitgliedern, wobei weltanschaulicher Hintergrund ein auf israelische Verhältnisse übertragener Sozialismus in Verbindung mit zionistischem Gedankengut ist. Während sich dieser Verband früher besonders nachdrücklich für die ursprünglichen Kibbuzideale in der Kindererziehung einsetzte, lässt inzwischen auch hier eine Bewegung »zurück zur Familie« beobachten. Der Haartzi-Verband liegt politisch auf der Linie der eher linkssozialistischen MAPAM-Partei - hier bestehen auch personelle Überschneidungen. Haartzi-Kibbuzim werden nicht in besetzten Gebieten angesiedelt.
*** Hakibbuz Hadati (Religiöser Kibbuz)
Religiöser Kibbuzverband für nur wenige Siedlungen mit insgesamt siebentausend Bewohnern: fünfzehn Kibbuzim von Hapoel Hamizrachi (Nationalreligiöse Partei) und zwei von Poalei Agudat Israel (Orthodoxe Arbeiterpartei). Immigranten aus Polen und Deutschland gründeten den Verband 1931. Orthodoxes Judentum - in manchen Kibbuzim darf am Sabbat kein Licht angeschaltet werden! - und Sozialismus - alle Frauen müssen arbeiten, jeder Bewohner, jede Familie erhält das Gleiche - sollen in diesen Kibbuzim miteinander verbunden werden, wobei das sozialistische Weltbild seinen Ursprung in der jüdischen Religion hat. Auf die stark betonten religiösen Traditionen des Judentums weist z.B. das Vorhandensein eines rituellen Bades, einer streng koscheren Küche und von Synagogen für den Talmudunterricht hin. Überhaupt bestimmen die religiösen Vorschriften den Tag - dieser beginnt mit dem Morgengebet - und das Jahr: alle Feiertage werden streng respektiert. Kinder besuchen staatlich-religiöse oder in Eigenregie betriebene Schulen. Die Thora ist die Grundlage des Zusammenlebens der Chawerim (»Freunde«). Enge Beziehungen bestehen zur größten religiösen Jugendbewegung in Israel, Bnei Akiva (»Söhne Akivas«).
Haoved Hazioni
Die fünf Kibbuzim mit insgesamt 1700 Bewohnern wurden von Mitgliedern der in den dreißiger Jahren in Osteuropa entstandenen Zionistischen Jugendbewegung gegründet und unterhalten Kontakte zu einem Dutzend Moschawim. Der Haoved Hazioni steht der Liberalen Partei und der nichtsozialistischen Arbeiterbewegung nahe.
Im Adressteil wird die Zugehörigkeit der einzelnen Kibbuzim zu den verschiedenen Verbänden durch Sternchen (*) hinter der Adresse angegeben: Vereinigte Kibbuzbewegung / TAKAM (*); Hakibbutz Haartzi (**) und Hakibbutz Hadati (***). Alle Adressen hierzu unter »Kibbuz und Volontär / Freiwilligenvermittlung«.