Das Leben unter Freiwilligen
Ärger mit den Zimmernachbarn
Schwieriges Zusammenleben
Wir sind 30 Volontäre, junge Freiwillige aus aller Welt: Aus der Türkei, der Schweiz, Korea, Österreich, Deutschland, China, den USA, Argentinien, Belgien und Südafrika. Die Unterkünfte sind spartanisch. Wir Mädchen z. B. müssen in einem Sieben-Bett-Zimmer miteinander zurechtkommen.
Das Ergebnis: das Zusammensein ist Quell fast ständigen Ärgers (auf dem Dach, wo Matratzen ausliegen, traue ich mich nicht zu schlafen, ich fürchte mich vor nächtlichen Schlangen und Skorpionen), denn nicht jede beherzigt die grundlegende „Spielregel" von Arbeitsgemeinschaften: gegenseitige Rücksichtnahme.
Die amerikanische Originalfassung von „Erin Brokovich" mit Julia Roberts als engagierter Umweltaktivistin liefert mir und zwei Freundinnen das sprachliche „Rollenmodell" für Schimpfwörter, wenn wir uns ärgern. Ich lerne von den Freunden aus Istanbul und Ankara sogar türkische Schimpfwörter; der derbe Fluch „beseek bok" gefällt mir. Ich setze ihn ein, ob ich am Strand frische Kacke oder tote Fische in Dosen einsammeln muß, oder ob die beiden üblen Mädchen im Zimmer mitten in der Nacht (meist ist es ca. 2 Uhr morgens) mit der Tür knallen, wenn sie vom Pub zurückkommen.
Die anderen Mädchen hatten sich mehrfach - und letztlich immer vergebens bei Andri, dem Volontärsleiter, beschwert. Seine Abmahnungen fruchteten nichts. Als ich mich gleichfalls nach zwei Wochen Duldens beschwere, erfolgt eine weitere Mahnung an die Mädchen, mehr nicht.
Statt dessen passiert etwas anderes: Dalia und Melissa hetzen einen deutschen Volontär (der ohnehin bereits als Schläger aufgefallen war) gegen mich auf. Er bedroht mich und pöbelt mich an. Eine scharfe Verwarnung durch Andri läßt ihn endlich schweigen. Ich habe mich allerdings oft genug gefragt, warum Schläger und Ruhestörer nicht einfach des Kibbuzes verwiesen werden, denn es gibt genug Ersatz.
In Anspielung auf die politische Lage in Israel kreiert meine neue Freundin Jasmin eine Redewendung, die zu unser aller Gaudi immer dann zu hören ist, wenn „alles daneben" ist: „Shut up, Shalom!", fluchen wir mit Hingabe über alles „Doofe": dumme Zimmergenossinnen, dumme Arbeit, dumme Politiker und dumme Terroristen.