Ein Praktikum in Los Angeles
Mein Name ist Anja B. und ich habe ein Praktikum in Los Angeles absolviert. Mein Studiengang schreibt ein einsemestriges Vollzeitpraktikum vor, das wahlweise in meiner Heimatstadt oder im Ausland abgeleistet werden kann. Da ich gerne verreise und bereits seit langem einige Zeit im Ausland leben wollte, war für mich von Anfang an klar, dass ich ins Ausland gehen würde. Aber wohin?
Durch Zufall entdeckte ich „Praktika USA“ in einer Buchhandlung. Zuhause angekommen, nahm ich mir Zeit, um die vielen Ausschreibungen und Erklärungen sorgfältig durchzulesen. Ich habe insgesamt etwa acht Adressen gefunden, die für mich interessant waren, und habe sie mit einem englischen Bewerbungsbrief und einem Resume angeschrieben. Zusätzlich habe ich noch internationale Antwortscheine beigelegt, aber dies wäre unnötig gewesen.
Die erste Antwort erfolgt sehr schnell per E-Mail. Die Organisation sei zur Zeit nicht an Praktikanten interessiert, bedanke sich aber für das Interesse. Die zweite und letzte Antwort auf meine Bewerbungsschreiben kam tags darauf ebenfalls per E-Mail.
Eine Organisation in L.A. bot mir einen Praktikumsplatz an! In ihrer ersten E-Mail bot mir die Programm Managerin J. nicht nur den Praktikumsplatz an, sondern zeitgleich auch eine Unterkunft gegen Miete. Dafür war ich sehr dankbar, denn wie hatte ich sonst eine vertrauenswürdige Unterkunft im fernen Los Angeles finden konnen?
Der CIEE in Berlin hat mich bei der Visumbeschaffung unterstüzt. Auch mein Arbeitgeber war sehr kooperativ und hat alle nötigen Papiere rasch und sorgfältig bearbeitet, damit meinem Praktikum in Los Angeles nichts im Wege stehen würde. Durch die Terroranschläge vom 11. September hat Amerika die Einreisebestimmungen drastisch verschärft, so dass das Ausfüllen der Bewerbungsunterlagen fürs Visum schon einige Zeit in Anspruch nahm.
Ende August war es dann endlich soweit!
Nach ein paar Tagen der Eingewohnung begann mein Praktikum. Das Besondere an dieser Non-Profit-Organisation ist, dass sie täglich 4 Stunden lang eine Hotline anbietet, wo geschulte Jugendliche von 14 bis 18 Jahren Anrufe entgegennehmen und sich die Sorgen und Nöte anderer Jugendlicher anhören und gegebenfalls weitervermitteln. Themen sind eine Trennung vom Freund über Kindesmissbrauch bis hin zu Selbstmordgedanken. Mein Tatigkeitsfeld lag hauptsächlich in der Verwaltungsarbeit, zusätzlich habe ich der Ausbilderin der Jugendlichen beim Training assistiert und an Konferenzen und Seminaren teilgenommen.
Die Organisation arbeitet für einige Projekte eng mit Stars zusammen, was ich sehr spannend fand. Bei einer internen Fortbildung kam unter anderem Jack Osbourne vorbei, um von seinen Erlebnissen zu berichten, und ich habe die südamerikanische Band „La Ley“ kennengelernt. Für das Jahresthema „Alkoholmissbrauch“ des vergangenen Jahres konnte Jamie Lee Curties als Patin gewonnen werden.
Anfangs gab es einiges Üngewohnte in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Die Arbeitszeiten waren sehr flexibel und wurden nicht kontroliert. Die Räumlichkeiten der Organisation waren in einem renommierten Krankenhaus in Los Angeles untergebracht. Aus Sicherheitsgründen musste dort jeder sichtbar seine Mitarbeiterkarte mit Namen und Foto tragen. Zudem galt im Krankenhaus ein Dresscode (Kleidervorschrift), woran sich Mitarbeiter von meiner Arbeitsstelle glücklicherweise nicht halten mussten. Ich hatte sonst viel Geld für Röcke und Blusen ausgeben müssen ...
Stattdessen war ich lieber in einem der vielen Discountladen shoppen mit Markenkleidung zu Spottpreisen. Meine Supervisorin hat sich darum gekümmert, dass ich während meiner Freizeit keine Langeweile bekam. Am Wochenende gingen wir oft aus, und ich bin Mitglied in einem Fitnessstudio geworden. Schnell wurden ihre Freunde auch meine Freunde, was mir die Eingewöhnung in Los Angeles sehr erleicherte.
Kurz nach meiner Ankunft in Amerika begannen die Bus- und Bahnfahrer in Los Angeles zu streiken, und zwar über einen Monat lang. Da ich kein eigenes Auto hatte, war meine Mobilität, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden, sehr eingeschränkt. Auch nach dem Streik war es größtenteils zeitaufwendig, von Punkt A zu Punkt B zu gelangen. Es ist erstaunlich, welch ein schlechtes Verkehrnetz eine Weltstadt wie Los Angeles haben kann!
Meine Arbeitskollegen hingegen waren bemerkenswert hilfsbereit und haben mich öfter gefahren, wenn ich mal andere Arbeitszeiten als meine Supervisorin hatte. Aus diesem Grund habe ich mich nicht zu sehr von meiner Supervisiorin oder den schlechten Busverbindungen abhängig gefühlt.
Während meines Praktikums bin ich auch viel in den Staaten gereist. Längere Wochenenden habe ich nie in Los Angeles verbracht, sondern in Städten wie San Francisco, San Diego, Altlanta oder New York. Übernachtet habe ich jedes Mal in Jugendherbergen, denn dort lernt man schnell junge Menschen aus der ganzen Welt kennen.
Alles im allen war mein Praktikum in Amerika ein voller Erfolg! Der Papierkrieg mit den amerikanischen Behörden war zwar sehr zeitaufwendig und kostspielig, aber es war diesen Aufwand auf alle Fälle wert. Ich habe nicht nur viele neue berufliche Erfahrungen gemacht, die ich zu Hause nie hätte machen können, sondern ich habe auch viele wunderbare Menschen kennengelernt, die mir ihr Land auf eine Art und Weise gezeigt haben, die einfach unbeschreiblich sind. Amerikaner sind sehr offen und interessiert an anderen Kulturen. Obwohl ich nur ein paar Monate dort war, habe ich sie alle ins Herz geschlossen.
Siehe auch „Zum Arbeiten in die USA“.