Israelische Industrie im Zweiten Weltkrieg

Industrie im Kibbuz

1939 - 1948

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gerät das von Großbritannien verwaltete Mandatsgebiet in Palästina in eine schwierige Lage. Die Versorgungswege im Mittelmeer sind abgeschnitten. Die Kriegsanstrengungen der Briten erhöhen die Nachfrage in Palästina nach einer Reihe von Industrieprodukten. Ferner wird es nötig, Importgüter durch Eigenprodukte zu ersetzen. Die Aufträge der Engländer verhelfen auf diese Weise einigen kleinen Produktionsstätten in Kibbuzim zur Massenproduktion: So erlebt die Fruchtsaft- und Marmeladenproduktion in Kibbuz Givat Brenner den Großen Aufschwung, als eine Bestellung für »Tonnen« von Marmelade für die Streitkräfte eintrifft. Einige Kibbuzim beginnen, ältere Mitglieder von der physisch schweren landwirtschaftlichen Arbeit zu befreien. 1945 bestehen bereits ca. 110 Kibbuzim mit ca. 33.500 Einwohnern. Am Ende des Krieges gibt es fünfzehn Manufakturen, in denen einige hundert Mitglieder arbeiten.

Während der Kämpfe um die Unabhängigkeit Israels spielen die Kibbuzfabriken eine wichtige Rolle bei der Versorgung der jüdischen Truppen. Zum Teil ist es Untergrundarbeit, die mit dem Risiko verbunden ist, von den britischen Besatzungstruppen in Palästina verhaftet zu werden. Aber es war schon immer die Einstellung der Kibbuzniks, sich wichtigen nationalen Aufgaben zu stellen.

Die Großen Einwanderungswellen von Juden nach dem Zweiten Weltkrieg führen auch zu einem raschen Zuwachs der Kibbuzbevölkerung. Der Zwang entsteht, rasch viele neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die inzwischen durchrationalisierte Landwirtschaft kann die nötige Expansion nicht bieten. Die Industrialisierung ist der einzig mögliche Ausweg.

1949 - 1960

In den fünfziger Jahren wächst also die Kibbuzindustrie mit einem durch die nationalen Umstände beschleunigten Tempo. Von 1000 Beschäftigten 1950 kommt man auf 4200 in 75 Fabriken 1956. 1960 sind es schon 100 Fabriken. Von 1945 bis 1956 wird der Wert der Produktion verfünffacht, von 1956 bis 1960 nochmal fast verdoppelt. Da das Land nicht nur viele Arbeitsplätze beschaffen muß, sondern auch nicht über Fremdwährungsreserven für einen massiven Maschinenimport verfügt, baut man arbeitskräfteintensive Industrien auf, z.B. im Metall-, Möbel- und Nahrungsmittelsektor.

In dieser Zeit taucht ein ideologisches Problem ersten Ranges auf: Es ist eine nationale Aufgabe, Neueinwanderern Arbeit zu geben, aber es verstößt gegen die Kibbuzideologie, Lohnarbeiter für den Kibbuz arbeiten zu lassen. Mehrere Kibbuzim folgen dem Aufruf des ersten Ministerpräsidenten, David Ben Gurion, und führen die Lohnarbeit in einigen kibbuzeigenen Fabriken ein. Dieser Schritt hat, wie sich herausstellen soll, weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen auf die Arbeitsatmosphäre im Kibbuz und auf die Beziehung zwischen dem Kibbuz und seiner Umgebung.

Der sozialistische Kibbuz ist zu einem Arbeitgeber geworden. Ein Teil der Arbeitnehmer kommt aus den neu errichteten Entwicklungsstädten, die in Israel entstanden sind. Ende der siebziger Jahre kommt es dadurch zu Spannungen zwischen Kibbuzim und Entwicklungsstädten.