Probleme der Hochschulreform
Mängel am Bologna-Prozess
Widersprüchliche Ziele, Starrheit, Überschneidungen
1999 einigten sich Politiker 29 europäischer Staaten auf eine gemeinsame Hochschulreform. Da das Treffen in Bologna stattfand, spricht man nun vom Bologna-Prozess. Dessen Ziele sind Berufsbefähigung, weltweite Konkurrenzfähigkeit und Mobilitätsförderung, was durch europaweit gleiche Abschlüsse gelingen soll (Bachelor: sechs Semester, Master: acht Semester).
Wie so häufig bei politischen Reformen mag der Plan in der Idee gut klingen, doch in der Umsetzung treten große Hürden auf. So stellt sich nun heraus, dass die gewünschten Ziele Widersprüche und Mängel aufweisen. Hier nur einige Beispiele:
Geplant war z.B. eine Erleichterung von Auslandsaufenthalt und Universitätswechsel, doch gingen die hehren Bemühungen in die andere Richtung los. Die Anzahl der wechselnden Studenten sank, was zum einen an dem knappen Zeitrahmen liegt. Wer in sechs Semestern den Bachelor in der Tasche haben möchte, dem bleibt kaum genug Luft zur Auszeit. Zwar sollten laut Plan Studienleistungen im oder aus dem Ausland problemlos anerkannt werden, doch zeigt sich das Anerkennungsverfahren kompliziert und oft erfolglos.
Hier zeigt sich eine Unbedachtheit der Planung: Bachelor-Studiengänge sollen eigene Profile entwickeln, doch soll auch das Erbringen erforderlicher, entsprechender Leistungen im Ausland möglich sein.
Auf Starrheit stoßen Studenten bereits zu Beginn ihres Studiums, da es gerade da durchorganisiert ist. Manch einer freut sich über die Sicherheit durch Richtlinien, ein anderer ärgert sich, da es wenig Freiheit lässt. Die gewünschte verstärkte Strukturierung kostet eben Bewegung.
Wie ein Witz wirkt zudem die Tatsache, dass die Reform einerseits auf verstärkte Differenzierung, Betreuung und Parallelveranstaltungen abzielt, während gerade zu Beginn mehr als tausend Professoren in Deutschland gekündigt wurde.
Der Bachelor war als Kurzstudium mit Berufsbefähigung gedacht, doch scheint er dieses Versprechen nicht zu halten. So hapert es z.B. oft daran, einen Blick in andere Fächer zu werfen; das Nebenfach tritt ebenfalls in den Schatten. Pflichtveranstaltungen des Haupt- und Nebenfaches finden manchmal gleichzeitig statt, weshalb sie nicht im vorgesehenen Semester absolviert werden können.
Zudem geht der Trend zum "Bulimie-Lernen", d.h. man lernt in kurzer Zeit, was man bald darauf wieder vergisst.
Noch befindet sich das Hochschulsystem eben im Umbruch; es wird gebaut, gebastelt, brilliert, gepfuscht. Die Zukunft der Reform sieht jedoch düster aus, denn bei so vielen Mängeln und Widersprüchen wird vermutlich kaum etwas Ersprießliches herauskommen.