Eine neue Bleibe
Gadi, eine israelische Biographie
Arbeit im Weinkeller und Restaurant
Ein streitbarer Friedensaktivist
Ich rufe einen langjährigen Freund in Israel an und schildere ihm die Situation: ich müsse einen anderen Arbeitsplatz finden. Ari verspricht Hilfe.
Zwei Tage später erfahre ich, daß eine neue Arbeitsmöglichkeit gefunden ist: in einem Haushalt in einem Moschaw in der Nähe von Beth Shemesh die Zimmer putzen. Ich bedauerte, die Gartenarbeit verlassen zu müssen - doch was ist selbst die beste Arbeit, wenn man schikaniert wird?
Nachdem das schöne Haus von Moses und Dalia auf Hochglanz poliert war, stellte sich neuerlich die Frage: Was jetzt?
Und wieder wird telefoniert. Dann zeichnet sich eine Lösung ab: Gadi Sternbach, Inhaber eines Weinkellers und Restaurants, sagt: „Arbeit gibt´s bei mir genug. Aber wo wirst du schlafen? In meinem Haus ist kein Platz."
Nun ist er es, der bei seinen Freunden telefoniert - bis er Rettung findet. Sein Freund, gleichfalls Weinbauer, hat ein kleines Holzhaus in seinem Garten, wo ich schlafen kann.
Das Haus träumt noch von den Bäumen, die es einst war ... Ich trete ein in ein nach Wald duftendes Haus; selbst der Boden ist aus Holz. Als ich die arg verstaubten Dielen feucht abwische, atme ich den intensiven Harzgeruch der Wälder des Landes ein.
Gadi Sternbach entpuppt sich bald als idealer Chef für „die Blumenverrückte", wie mich Freunde neckten. Gadi, „dreisprachig aufgewachsen", hat eine turbulente, d. h. typisch israelische Biographie. Er hat eine Ausbildung, machte aber viel aus sich - schwierige Lebensumstände sind dazu da, daß man sie überwindet. Wie viele andere Israelis hat auch er unterschiedliche Berufe ausgeübt. 1947 in Jerusalem geboren (sein Vater roch den Unrat früh genug und verließ Deutschland bereits 1932), studierte er Geografie und Erdgeschichte an der Universität Jerusalem, arbeitete dann als Reiseleiter und Trekkingführer, vor allem im Sinai. Dieses Wüstengebiet wurde zu seiner Passion. Seit einigen Jahren baut er Reben an und an zwei Tagen in der Woche, freitags und samstags, öffnet er ein Restaurant.
Ich verschlinge einen seiner Leckerbissen, eingelegte Auberginen, und frage ihn naiv: „Und wo hast du Kochen gelernt?" - „Ich habe keine Schule dafür besucht. Ich habe alles von meiner Mutter und Großmutter gelernt. Als Kind durfte ich ihnen bei der Hausarbeit helfen." (Das ist erstaunlich: ich habe mich als Kind immer vor der Hausarbeit gedrückt ... Die beiden Frauen müssen begnadete Köchinnen und Pädagoginnen gewesen sein).