Blumen, Blumen und nochmals Blumen
Schönheit der Natur
Israels Orchideen
Anfang Februar hatte mich Ari zu einer anderen Schwertlilie gefahren, nahe Netanja, und an dem Standort, an dem wir sie sahen, eine Zeitlang aufs äußerste bedroht (sie wurde durch eine Bürgerinitiative der Bewohner der Stadt gerettet: ursprünglich sollte sie einer Hochhaussiedlung weichen!) - von einer Seite schieben sich moderne Wohnsilos heran. Was ich hier und im „Park Kadimah" sah, waren gleichsam die „Pioniere" der Iris Argaman (die ihren Namen einem der Edelsteine auf dem Brustschild des Hohepriesters verdankt), die frühesten; wenige Tage später würde man an dieser Stelle mehr als hundert Blüten auf einmal antreffen können. Nun standen hier die ersten Blüten in herrlicher Frische da, als hätten sie auf uns gewartet.
Eine geringfügige Änderung im Bauplan der Natur, und anstelle der überirdischen Schönheit von Hadur steht eine faszinierend fremdartige, aber auch etwas unheimliche Blüte vor uns: die helmartig herabgezogenen Blütenblätter sind von einem schimmernden Schwarz, das im Sonnenlicht rötlich oder purpurn flimmert; die drei Hängeblätter tragen zusätzlich in der Mitte, die zum Tunnel des Fruchtknotens führt, ein großes schwarzes Mal, einer Riesenhummel ähnelnd - im Tunnelinnern begrenzt vom Geflimmer eines gelben Bartes, der golden aus der Finsternis leuchtet, was den Eindruck verwirrender Unruhe entstehen läßt. Das samtschwarze Mal zieht wie ein dunkles Auge magisch den Blick auf sich. Das Purpurschwarz der Blüte verliert sich bei manchen Exemplaren an den Rändern hin bis zu einem purpurnen Rot. Darüber die bei manchen Blüten nach oben geschlagenen schwarzen und von schwarzpurpurnem Schimmer überhauchten Domblätter von überirdischer Schönheit. Ein erregender Kontrast zum schimmernden Weiß der Lortet Iris!
Und das ist noch nicht alles! Wie in einer spaßhaften Kapriole der Natur taucht auch bei der Iris Argaman die bereits bei der Gilboa-Iris beobachtete Individualisierung mit eigenwilligen Formen und Farben auf: eine der Blüten des Parks war purpurn und weiß gestreift, der Eingang zum Fruchtknoten schimmerte rot, das Dach der Narbenblätter darüber war wie ein Paar Schmetterlingsflügel gestaltet! Pyjama-Iris nannte ich die merkwürdige Erscheinung. Seltsame Clownerie: als wollte die Natur Farben und Formen ihres Bauplans immer wieder neu erproben, als scheute sie die Monotonie des Immer-Gleichen!
Diesen Eindruck vermittelte mir auch eine dritte große Iris, diesmal in der Nähe von Nazareth. Von diesem Ort hat sie auch ihren Namen: Iris Nazarti (lat. Iris Bismarckiana). Manche Forscher meinen, sie sei lediglich eine örtliche Spielart der Iris Hermona: die nahe Verwandte der Lortet Iris steht an einem Hang an der Straße, die nach Maschhad fuhrt, und als ich kam, waren bereits alle Schwertlilien verblüht - nur eine einzige, schwebend im Wind, war noch da: als hätte sie auf mich gewartet. Die Domblätter, zartblau geädert, sind von einem reinen schimmernden Weiß; die Hängeblätter jedoch gesprenkelt vom Geflimmer zahlloser schwärzlicher Spritzflecken auf weißem Grund; der Eingang zum Fruchtknoten trägt ein großes schwarzes Mal, das wie ein dunkles Auge aufblickt. Dieser große schwarze Fleck hat etwas Tierhaftes; der Vergleich mit manchen Orchideen, etwa den Ragwurz-Orchideen (Ophrys) drängt sich auf.