Der Duft israelischer SChwertlilien

Von Purpur zu Lackschwarz

Schwertlilien in allen Formen

Kleine Blüte - großes Naturschauspiel

Die genannten Schwertlilien gehören zu einer Sippe innerhalb der Gattung Iris, die bestimmte Merkmale haben: die auffälligen großen Blüten mit den gewellten Rändern; die Tatsache, daß jeder Stengel immer nur eine Blüte trägt; die tunnelartig über den Bart (oder Fleck) gebogenen Narbenblätter und der auffällige „Signalfleck" auf den Hängeblättern, der bei Hadur nur angedeutet, bei Bismarckiana, Gilboa-Iris, Iris Hermona oder Iris Argaman um so auffälliger ist.

Die Schwertlilien der Onocyclus-Sippen bewohnen ausschließlich Vorderasien im „Fruchtbaren Halbmond" und strahlen von dort nach Anatolien und bis zum Elburs aus. Innerhalb dieses Gebiets gibt es eine Fülle unterschiedlichster Formen; die Aufspaltung erreicht ihren Höhepunkt im Gebiet von Palästina, Syrien und dem Libanon. Während die nördlichen Arten in morphologisch-gestaltlichen Eigentümlichkeiten deutlich eigenen Artcharakter zeigen, ist das Bild bei den Bewohnerinnen Palästinas komplizierter. Die Unterschiede bestehen so gut wie nur noch in der Farbgebung und Zeichnung der Blüten; die Gestalten sind gleich. Die Färbungsunterschiede aber sind, wie wir sahen, überaus markant:
es gibt weißschimmernde, purpurviolette, lackschwarze und zartviolette (Iris Mariae; hebr.Iris Hanegev) Schwertlilien -und es gibt innerhalb nur einer einzigen Art die denkbar größten Farbunterschiede: die Jerucham-Iris (lat. Iris hieruchamensis) existieren in gelben, braunen und schwarzpurpurnen Abarten; es gibt die Gilboa-Iris in allen Abstufungen einer Farbe: von Lila mit einem grauseidenen Schimmer über Rötlichviolett bis Schwarzpurpur reicht das Farbspektrum.

Ich hatte sie bereits einige Jahre zuvor besucht - und war „iristrunken“ geworden: diese Iris kommt nur auf dem Höhenzug des Berges Gilboa vor, der zwei ganz verschiedenartige Ebenen miteinander verbindet - das Yesreel-Becken im Westen, das sich vom Mittelmeer bis Afula erstreckt, mit der Tiefebene der Region von Beth She´an, unter dem Meeresspiegel gelegen und eine Erweiterung des Jordangrabens südlich des Sees Genezareth darstellend. Beide Ebenen sind teilweise intensiv landwirtschaftlich genutzt - ein augenschmerzender Kontrast zu den Wäldern aus (aufgeforsteten) Aleppokiefern und der unberührten Bergsteppenlandschaft des Gilboa! Am Kamm dieses Berges wartet eines der großen Naturwunder auf den Wanderer. Ich verbrachte mehrere Tage hintereinander im Bann der schimmernden Blüten. Und je intensiver ich sie betrachtete, desto stärker war der Eindruck auf mich.

Die Blüte ist nicht nur von eindrucksvoller Größe - größer als unsere violettblaue Gartenschwertlilie (Iris Germanica), sondern jede einzelne Blüte zeigt auch, abweichend von ihrer Schwester, ein jeweils anderes Farbenspiel. Die Grundfarbe ist ein zartes Violett, doch ´mal ist es dunkler, fast schwärzlich, wie verkohlt, - ´mal heller, fast silbergrau. Besonders dunkel sind die Hängeblätter, die am Tunnel zum Fruchtknoten ein schwarzes Mal tragen. Es kann optisch hervortreten, wenn die Domblätter hell sind, oder in der schwarzpurpurnen oder violetten Umgebung verschwinden. Und doch ist die Blüte in aller Dunkelheit von genauestem Ausdruck.
Von vollkommener Schönheit sind die drei Domblätter, die, vereint und emporgewölbt wie ein Helm, auf ihrem blaulila Grund von purpurnem Geäder durchzogen sind; im Zentrum sind die Blätter dunkler gefärbt und werden gegen den Rand hin immer lichter, mitunter an reines Weiß erinnernd: als ginge die Blüte in reines Licht über, ihre Materie in reinen Geist. Hinzu kommt, daß jede Blüte je nach Lichteinfall zwei unterschiedliche Gesichter zeigt - ob man sie im auffallenden oder im Gegenlicht anblickt. Steht die Blume im Schatten, erscheint sie violett, fast schwarz. Fällt die Sonne durch die Blüte hindurch, erglüht sie im feurigen Purpurviolett, Amethystlila oder fast Rot, Farbtöne, die an den Rändern des Doms in einer lichtweißen Aura verstrahlen: eine unerhörte Vielfalt der Farbenwunder, ohne Beispiel in der Natur, vollkommen einzigartig und rätselhaft! Denn das Fremde liegt in den Dingen.