Streifzug durch den Park Britanje
Von geologischen und biologischen Besonderheiten
Nationalparks Israels
Später fand ich eine Wanderkarte, die weitere Informationen vermittelte: Park Britanje sei 40.000 Dunam groß, stand da geschrieben, und ich ahnte, daß dieser „Park" noch Wochen hindurch meine Phantasie beschäftigen würde.
Einmal hatte Gadi, amüsiert von meiner Suche nach seltenen Orchideen, stolz erklärt: „Bei mir blühen die Orchideen vor der Haustür!" und ich hatte mich auf die Suche gemacht - ohne Ergebnis. Enttäuscht hatte ich ihm nach einer Woche erklärt: „Das stimmt nicht: vor deiner Haustür sind gar keine Orchideen!" Und ich äußerte den schlimmen Verdacht, daß er bei der Planung seines neuen Weinbergs „alle Orchideen plattgemacht" hätte. „Ach, was", brummte er und war mir vorangestapft:
nur wenige Meter von seinem Küchengarten entfernt hatte er auf eine kleine Lichtung, verborgen zwischen Dornen und Buschwerk, verwiesen: „Anacamptis pyramidalis!", hatte ich fassungslos ausgerufen und sofort die Kamera aus der Tasche gezogen. Wenig später fand ich mehrere Gruppen der Pyramidenorchidee, in allen Farbvarianten, von hellem Pink bis Purpurrosa.
Bisweilen war in der Küche soviel zu tun, daß ich „vergaß", etwas zu essen. Mit besorgtem Gesicht erschien einmal Issa - und hielt eine duftende Schüssel in der Hand. Ich verschlang ein grüngesprenkeltes Rührei - und fragte nach der Ursache des wunderbaren Geschmacks und der Farbe. Issa ratterte die Namen von einem Dutzend Gewürzen herunter - wie Gadi angesichts einer Wiese, wenn er mir die Blumen erklärt, dachte ich ... Der nennt mir die Namen aller Blumen Israels auf Hebräisch, Lateinisch und oft auch Deutsch, sinnierte ich, und trank noch ein Glas süßen Wuskus (hebr. Hibiskustee), gleichfalls ein Geschenk Issas.
Ein andermal sehe ich, wie Gadi eine Schüssel Sahne auslöffelt, nachdem er die Sahne in den großen Kühlschrank gestellt hatte. „Ach, bitte, kratz die Schüssel nicht zu gründlich aus, ich muß sie ja ohnehin spülen...", bettelte ich. „Magst du Erdbeeren zur Sahne?", fragt Gadi und reicht mir die Sahneschüssel. Melancholisch sieht er mir zu, wie ich die Süßigkeit aufesse. „Das enthält Cholesterol", erklärte er dann warnend.
„Aber Cholesterol ist doch supergesund", erwidere ich im Brustton der Überzeugung, „besonders, wenn man 30 Kilometer wandert." Mit diesen Worten hatte ich auf einen Ausflug angespielt, den ich tags zuvor unternommen hatte. Ich war von Agur, wo ich wohnte - vorbei an Giv´at Yesha´ayahu, Gadis Wohnort - erst 11 Kilometer nach Beth-Guvrin gewandert, wo eine weitere Strecke auf mich wartete, und abends dann wieder zurück.
Beth-Guvrin hatte ich bereits eine Woche zuvor gesehen, doch ich wollte es mir ein zweites Mal „erwandern." Der Nationalpark erstreckt sich über eine Fläche von 500 Hektar, wo sich die antiken Stätten Marescha und Beth-Guvrin befinden. Die Städte wurden in der Nähe der Täler gegründet, dort gab es gut zu bearbeitenden Boden, Wasservorkommen und die wichtigen Verbindungsstraßen für den Handel. Der wichtige Straßenknotenpunkt bei Marescha zweigte von hier in alle Richtungen ab und führte von Norden nach Süden und von der Küste über Hebron nach Jerusalem (diese Straßen werden auch heute noch genutzt).
Das Gebiet ist reich an geologischen Besonderheiten und ermöglichte so z. B. die sog. „Glockenhöhlen", von denen es insgesamt über 800 geben soll: der Boden besteht aus weichem Kreidestein (Kirton), der in eine Tiefe von mehreren Metern reicht. Darüber liegt eine ein bis drei Meter dicke härtere Schicht (Nari). Um an den weicheren Kreidestein zu gelangen, wurde ein Einstieg in die harte Narischicht geschlagen. Der weiche, leicht zu schlagende Kreidestein (man kann ihn mit dem Fingernagel ritzen) ermöglichte die Entstehung der großen und zahlreichen Höhlen: der Stein wurde in byzantinischer Zeit abgebaut, um als Grundstoff von Beton zu dienen, wie mir Gadi erklärte. Die durch den Abbau entstandenen glockenförmigen Räume wurden später als Zisternen, Speicher, Tierställe, Taubenschläge, Werkstätten oder Grabkammern genutzt. Einige der „Glockenhöhlen" wurden nur zum Abbau des Kreidesteins genutzt.
Marescha wird in der Liste der jüdischen Städte genannt (Josua 15,44), die König Rehabeam in seinem Reich gegen den Feldzug von Schischak befestigte: „ … und baute Städte in Juda zu Festungen aus ... Gat, Marescha und Sif (2 Chronik 14,8-10).
In persischer Zeit (nach der Zerstörung des ersten Tempels) siedelten sich in Marescha wie auch im südlichen Juda Edomiter aus dem Südosten an. Im 4. Jahrhundert v. Chr. zogen zusätzlich Sidonier und hellenistisch orientierte Juden nach Marescha. So bildete sich eine gemischte und vielfältige Bevölkerung. Die hellenistisch beeinflußte Stadt wurde ein bedeutendes wirtschaftliches Zentrum; in dieser Zeit entwickelte sich die Unterstadt mit ihren unterirdischen Räumen.